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Ob Wirtschaftsplan, Sanierungsentscheidungen oder Verwalterbestellung: Ohne Eigentümerversammlung bleibt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) handlungsunfähig. Gleichzeitig führen Formfehler bei der Einladung oder zögerliches Einberufen schnell zu Anfechtungen, Verzögerungen und Liquiditätsrisiken. Dieser Leitfaden erklärt, wann eine Versammlung zwingend einzuberufen ist, wer dazu befugt ist, welche Fristen und Formvorgaben gelten und welche Alternativen zur Präsenzsitzung es gibt. Dabei werden die Schlüsselnormen des WEG mit praxistauglichen Abläufen verzahnt. Ergänzend verlinken wir dort, wo es inhaltlich wirklich weiterhilft, auf vertiefende Beiträge aus unserer Praxis.

Pflicht zur Einberufung und typische Anlässe

Der gesetzliche Ausgangspunkt ist eindeutig: Der Verwalter muss mindestens einmal jährlich eine Eigentümerversammlung einberufen (§ 24 Abs. 1 WEG). Dieses Jahresformat reicht jedoch in der Praxis oft nicht, denn ordnungsmäßige Verwaltung verlangt zusätzliche Sitzungen, sobald ein sachlicher Entscheidungsbedarf besteht. Typische Auslöser sind die Feststellung oder Anpassung des Wirtschaftsplans, Nachschussbeschlüsse und Entlastungen (§ 28 WEG), die Wahl oder Ergänzung des Verwaltungsbeirats (§ 29 WEG), die Bestellung oder Abberufung des Verwalters (§ 26 WEG) sowie Beschlüsse über bauliche Veränderungen (§ 20 WEG). Instandhaltungs‑ und Sicherheitsfragen, Ablauf von Versicherungsverträgen oder drohende Fristen im Gewährleistungsrecht rechtfertigen außerordentliche Versammlungen. Wichtig ist die zeitliche Steuerung: Bei planbaren Themen sollte früh geladen werden, damit Angebote, Gutachten und Beschlussvorschläge vorliegen; bei Eilbedürftigkeit gilt es, die Dringlichkeit sauber zu dokumentieren. Scheitert ein Präsenztermin absehbar an Raum‑ oder Verfügbarkeitsproblemen, ist es sinnvoll, bereits im Vorfeld organisatorische Alternativen zu konzipieren. Für Formate mit Zuschaltung per Video und deren Stolpersteine bietet der Beitrag Hybride Eigentümerversammlung: Was Eigentümer beachten sollten einen kompakten Überblick, der hilft, Absagen zu vermeiden und Teilnahme zu erhöhen. In Summe gilt: Einmal jährlich ist das Minimum; darüber hinaus bestimmt der konkrete Handlungsbedarf den Takt, damit die Wohnungseigentümergemeinschaft entscheidungsfähig bleibt.

Wer einberufen darf – Grundsatz, Ersatzwege und Heilung

Grundsätzlich lädt der bestellte Verwalter ein (§ 24 Abs. 1 WEG). Fehlt er, ist abberufen oder verweigert er pflichtwidrig die Einberufung, greifen Ersatzmechanismen: Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder dessen Stellvertreter darf dann einladen; ein einzelner Wohnungseigentümer nur, wenn ihn die Eigentümergemeinschaft zuvor durch Beschluss dazu ermächtigt hat (§ 24 Abs. 3 WEG). In Blockadesituationen, in denen eine Ermächtigung mangels Sitzung nicht erreichbar ist, kommt die gerichtliche Ermächtigung eines Eigentümers in Betracht. Für die Praxis entscheidend: Einladungsfehler sind ernst, aber nicht immer tödlich. Die Rechtsprechung lässt eine Heilung in der seltenen Konstellation zu, dass zwar ein Nichtzuständiger geladen hat, aber ausnahmslos alle Eigentümer tatsächlich teilnehmen; dann kann der Einladungsmangel entfallen. Diese Ausnahme ersetzt keine saubere Zuständigkeitsprüfung, sie verhindert nur, dass vollzählige Versammlungen an Formalien scheitern. Verweigert die Verwaltung trotz ordnungsgemäßem Verlangen die Ladung, zeigt der Leitfaden Wenn der Verwalter nicht zur Versammlung einlädt die Eskalationsschritte vom dokumentierten Einberufungsverlangen über Ersatzladungen bis zur gerichtlichen Ermächtigung. Für Verwalter empfiehlt sich, interne Stellvertreter‑ und Notfallregelungen zu etablieren, damit Leitungsvakuen gar nicht erst entstehen und die Eigentümergemeinschaft verlässlich arbeitsfähig bleibt.

Einberufungsverlangen der Eigentümer: Quoren, Form und Inhalt

Neben der jährlichen Pflichtversammlung schützt das Gesetz aktiv Minderheiteninteressen. Nach § 24 Abs. 2 WEG muss der Verwalter eine Versammlung einberufen, wenn mehr als ein Viertel der Wohnungseigentümer dies in Textform unter Angabe von Zweck und Gründen verlangt. Das Quorum knüpft an Köpfe an, nicht an Miteigentumsanteile. Der Inhalt ist mehr als Formalie: Zweck und Gründe sollen die Tagesordnung beschlussreif machen und Überraschungen vermeiden. Praktisch bewährt sich, dem Verlangen gleich Beschlussvorschläge, Anlagen (z. B. Angebote, Skizzen) und eine Priorisierung beizulegen. Der Verwalter hat daraufhin ohne schuldhaftes Zögern zu laden; bei Eilbedürftigkeit kann sein Organisationsermessen auf Null schrumpfen. Missachtet die Verwaltung ein ordnungsgemäßes Verlangen, sind die Ersatzladungen nach § 24 Abs. 3 WEG der nächste Schritt; parallel kann eine Ermächtigung beim Amtsgericht beantragt werden. Inhaltliche Grenzen sollten früh geprüft werden: Nicht alles ist per einfacher Mehrheit regelbar; wo Vereinbarungen der Gemeinschaftsordnung oder Gesetzesvorbehalte greifen, drohen sonst Anfechtungen. Einen guten Überblick bietet der Beitrag Grenzen der Beschlusskompetenz in einer Eigentümergemeinschaft. Für die Verwaltung gilt: Standardisierte Muster für Einberufungsverlangen und strukturierte Rückmeldungen sparen Zeit und machen die Kommunikation belastbar, falls es später zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt.

Form, Frist und Alternativen: Textform, Drei‑Wochen‑Regel, virtuell und Umlauf

Die Einberufung hat in Textform zu erfolgen (§ 24 Abs. 4 WEG), also etwa per Brief, E‑Mail oder Fax, wenn Lesbarkeit und Zuordnung gewährleistet sind. Die Einladungsfrist soll mindestens drei Wochen betragen und läuft ab Zugang bei den Eigentümern; Dringlichkeitsladungen sind möglich, müssen aber eng begründet werden, weil eine zu knappe Vorbereitungszeit Anfechtungsrisiken erhöht. Die Einladung muss Ort, Zeit und eine hinreichend bestimmte Tagesordnung enthalten; Nachträge sind heikel und nur bei klaren Voraussetzungen zulässig. Neben Präsenz‑ und Hybridterminen steht seit 2024 die rein virtuelle Eigentümerversammlung im Gesetz: Mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen kann die Eigentümergemeinschaft beschließen, Versammlungen innerhalb eines Zeitfensters von bis zu drei Jahren ohne physische Präsenz durchzuführen; die Rechte der Teilnehmenden müssen einer Präsenzsitzung vergleichbar bleiben (§ 23 Abs. 1a WEG). Ergänzend bietet der Umlaufbeschluss nach § 23 Abs. 3 WEG Handlungsfähigkeit ohne Sitzung: Grundsätzlich ist Einstimmigkeit erforderlich; für einen konkret benannten Einzelfall kann die Gemeinschaft jedoch durch einen Vorbeschluss festlegen, dass im anschließenden Umlauf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt (Absenkungsbeschluss). Wie das Umlaufverfahren rechtssicher vorbereitet, dokumentiert und technisch umgesetzt wird, erläutert der Beitrag Umlaufbeschluss in der WEG. Für Verwalter heißt das: In der Einladungsorganisation klare Checklisten nutzen, Dringlichkeit sauber belegen und alternative Beschlusswege vorbereitet halten.

Einladungsmängel, Anfechtung und Governance

Fehler bei Zuständigkeit, Frist, Form oder Tagesordnung sind die häufigsten Gründe für Anfechtungen. Wird eine Versammlung von einem Nichtzuständigen einberufen, fehlt die Drei‑Wochen‑Frist oder ist ein Beschlussgegenstand nicht hinreichend bezeichnet, erhöht sich das Risiko erheblich. Gleichwohl differenziert die Rechtsprechung: In Vollversammlungen kann ein Einberufungsmangel geheilt sein, wenn alle Eigentümer teilnehmen und den Gegenstand erkennbar verhandeln. Darauf sollte man sich nicht verlassen; besser ist eine robuste Governance. Dazu gehören wiederkehrende Grundsatzbeschlüsse zur Versammlungsorganisation, Stellvertretungs‑ und Fallback‑Regeln in der Versammlungsleitung, definierte Kommunikationskanäle und eine lückenlose Zugangsdokumentation (z. B. Rückläuferpost, Empfangsbestätigungen, Portaleinladungen). Sinnvoll ist außerdem, im Verwaltervertrag klare Pflichten zum Fristen‑ und Dokumentenmanagement zu regeln, damit die Eigentümergemeinschaft im Zweifel nachweisen kann, dass ordnungsmäßig gehandelt wurde. Gerät die Verwaltung ins Stocken oder verweigert die Ladung, sind Ersatzladungen und die gerichtliche Ermächtigung konsequent zu verfolgen; das wahrt Handlungsfähigkeit und reduziert Folgekosten. Wichtig bleibt: Je strukturierter Einladungen und Tagesordnungen vorbereitet sind, desto belastbarer sind die Beschlüsse der WEG‑Gemeinschaft.

Fazit zum Thema

Mindestens eine Eigentümerversammlung pro Jahr ist gesetzlich vorgeschrieben. Darüber hinaus entscheidet der konkrete Handlungsbedarf über zusätzliche Termine. Einladungen müssen zuständig, fristgerecht und formal korrekt erfolgen; Alternativen wie virtuelle Versammlung und Umlaufbeschluss sichern die Entscheidungsfähigkeit. Mit klaren Ersatzwegen, dokumentierter Dringlichkeit und robusten Governance‑Standards minimiert die Eigentümergemeinschaft Anfechtungs‑ und Haftungsrisiken und bleibt verlässlich handlungsfähig.