Das Protokoll der Eigentümerversammlung ist der maßgebliche Nachweis der gefassten Beschlüsse – oft entscheidend, wenn Beschlüsse angefochten werden. Gesetzlicher Ausgangspunkt ist die Niederschrift nach § 24 Abs. 6 WEG und die fortlaufend zu führende Beschlusssammlung nach § 24 Abs. 7 WEG. Der Beitrag erläutert, was zwingend ins Protokoll gehört, welche Angaben zweckmäßig sind, wer unterschreibt und wie Einsicht gewährt wird. Besonderheiten bei hybriden und rein virtuellen Versammlungen sowie typische Fehlerquellen werden praxisnah eingeordnet. Für Einberufung, Fristen und Zuständigkeiten lohnt ergänzend der Beitrag Eigentümerversammlung einberufen: Pflichten, Fristen, Zuständigkeiten.

Rechtsrahmen: Niederschrift und Beschlusssammlung

Über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse ist unverzüglich eine Niederschrift aufzunehmen. Sie ist vom Versammlungsleiter, einem Wohnungseigentümer und – sofern ein Verwaltungsbeirat bestellt ist – zusätzlich vom Beiratsvorsitzenden oder dessen Vertreter zu unterschreiben (§ 24 Abs. 6 WEG). Parallel ist eine Beschlusssammlung zu führen, in die insbesondere der Wortlaut der verkündeten Beschlüsse mit Ort und Datum aufzunehmen ist; auch gerichtliche Entscheidungen nach § 43 WEG werden mit den erforderlichen Angaben vermerkt (§ 24 Abs. 7 WEG). Diese Pflichten sichern Nachvollziehbarkeit, Beweisbarkeit und Transparenz der Beschlusslage.

Rein virtuelle Eigentümerversammlungen sind seit 17.10.2024 möglich, wenn die Gemeinschaft dies mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen für bis zu drei Jahre beschließt; die Rechte der Teilnehmenden müssen denen einer Präsenzversammlung vergleichbar sein (§ 23 Abs. 1a WEG). Für Protokoll und Beschlusssammlung gelten identische Anforderungen wie bei Präsenzsitzungen.

Pflichtinhalt 2025: Was zwingend protokolliert werden muss – und was zweckmäßig ist Zwingend zu protokollieren ist der Beschlussinhalt selbst. Er muss so wiedergegeben werden, dass der Regelungsgehalt eindeutig erkennbar ist; in der Praxis hat sich die Aufnahme des genauen Wortlauts bewährt (erleichtert die Eintragung in die Beschlusssammlung). Das Gesetz verlangt darüber hinaus keine generelle Aufnahme sämtlicher Abläufe oder Diskussionsinhalte. Sinnvoll – rechtlich nicht zwingend – sind aber folgende Angaben: Datum, Beginn/Ende, Ort bzw. virtueller Konferenzraum; Benennung der Versammlungsleitung und des Protokollführers; Feststellung ordnungsgemäßer Einberufung; Teilnehmerliste mit Vollmachten; Tagesordnung; Abstimmungsergebnisse je Beschluss (Ja/Nein/Enthaltungen, bei Bedarf nach Miteigentumsanteilen); Verweis auf Anlagen (Angebote, Pläne, Gutachten). So lassen sich spätere Auslegungsstreitigkeiten vermeiden. Für die Beschlusssammlung ist der Wortlaut der Beschlüsse ausdrücklich vorgeschrieben; Eintragungen sind fortlaufend zu nummerieren, Anfechtungen und Aufhebungen zu vermerken (§ 24 Abs. 7 WEG).

MIV‑Praxistipp: Beschlussformulierungen mit klaren Verben („beschließt“, „beauftragt“, „ermächtigt“), präzisen Beträgen, Fristen, Zuständigkeiten und Anlagenhinweisen verwenden; unbestimmte Formulierungen erhöhen das Anfechtungsrisiko.

Unterschriften, Bekanntgabe und Einsicht

Die Unterschriftenfolge ist gesetzlich vorgegeben: Versammlungsleiter, ein Wohnungseigentümer und – falls vorhanden – der Beiratsvorsitzende oder dessen Vertreter (§ 24 Abs. 6 WEG). Fehlen Unterschriften, führt das nicht automatisch zur Nichtigkeit; eine „qualifizierte Protokollierungsklausel“ in der Gemeinschaftsordnung kann die Unterschrift aber zur Wirksamkeitsvoraussetzung machen. Der Bundesgerichtshof hat solche Klauseln grundsätzlich gebilligt (BGH, 30.03.2012 – V ZR 178/11; BGH, 25.09.2015 – V ZR 203/14).

Eine generelle gesetzliche Pflicht, das Protokoll an alle Eigentümer zu versenden, besteht nicht; § 24 WEG ordnet die Erstellung der Niederschrift und die Führung der Beschlusssammlung an. Unabhängig davon können Versandpflichten aus der Gemeinschaftsordnung, dem Verwaltervertrag oder geübter Praxis folgen. Unberührt bleibt der Anspruch jedes Wohnungseigentümers auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen (§ 18 Abs. 4 WEG) – dazu zählen auch Protokolle und Beschlusssammlung. In der Praxis empfiehlt sich die Kombination aus Einsicht im Büro und gesichertem Portalzugang.

Ordnungsmäßige Verwaltung versus Sonderleistung: Pflichtkern sind Protokollerstellung, Unterschrifteneinholung, Führung der Beschlusssammlung und Einsichtsgewährung. Sonderleistungen sind z. B. beglaubigte Abschriften, Übersetzungen, kurierbasierte Zustellungen oder die erstmalige technische Einführung/Schulung eines Portals; solche Arbeiten sind gesondert zu vergüten.

Digitale Praxis, hybride und virtuelle Sitzungen: Was im Protokoll zusätzlich sinnvoll ist

Bei hybriden und virtuellen Sitzungen gelten dieselben gesetzlichen Mindestinhalte. Zusätzlich ist es zweckmäßig, im Protokoll kurz zu dokumentieren, welches Videokonferenz‑Tool genutzt wurde, wie der Zugang kontrolliert wurde (Zutritt/Identifikation), wie Stimmrechte ausgeübt wurden und ob es Störungen gab. Der virtuelle Modus setzt einen vorangehenden Beschluss nach § 23 Abs. 1a WEG voraus; Einladungs‑, Protokoll‑ und Unterschriftenanforderungen bleiben unverändert. Organisatorische Hinweise zu Technik, Identifikation, Stimmabgabe und Protokollierung finden Sie im Beitrag Hybride Eigentümerversammlung: Was Eigentümer beachten sollten

Praxisbeispiel: Bei einer rein virtuellen Sitzung werden die finalen Beschlusswortlaute in der Videokonferenz geteilt und unmittelbar nach Abstimmung in den Protokollentwurf übernommen. Im Anschluss erfolgt die Unterzeichnung durch Versammlungsleiter, Eigentümer und – sofern vorhanden – den Beiratsvorsitzenden; die Beschlusssammlung wird noch am selben oder nächsten Werktag fortgeschrieben.

Sichere Abläufe: Prozess, Rollen, Dokumentation

Empfehlenswert ist ein standardisierter Ablauf mit Verantwortlichen für Protokollführung, Unterschrifteneinholung und Beschlusssammlung. Der Protokollentwurf sollte die Tagesordnung abbilden und für jeden TOP Felder für Beschlusswortlaut, Abstimmungsergebnis und Anlagen enthalten. Ein kurzer Aktenvermerk dokumentiert Zeitpunkt der Protokollerstellung, Unterzeichnung und Eintragung in die Beschlusssammlung. Für eilbedürftige Einzelentscheidungen kann die Gemeinschaft ergänzend den Umlaufweg nutzen; die Details dazu erläutert der Leitfaden Wie funktioniert ein Umlaufbeschluss in einer WEG?

MIV‑Praxistipp: Protokollentwurf bei komplexen TOPs bereits vor der Sitzung vorbereiten und nur noch Beschlussvarianten eintragen. Das spart Zeit, vermeidet Unschärfen und erleichtert die sofortige Eintragung in die Beschlusssammlung.

Fazit zum Thema

Pflichtkern sind der zeitnahe Protokollentwurf, klare und hinreichend bestimmte Beschlussformulierungen, die gesetzlich vorgegebenen Unterschriften sowie die aktuelle Beschlusssammlung. Versandpflichten bestehen nur, wenn sie vereinbart sind; Einsicht ist stets zu gewähren. Wer Vorlagen nutzt, Zuständigkeiten festlegt und digitale Abläufe sauber dokumentiert, reduziert Anfechtungsrisiken – unabhängig davon, ob in Präsenz, hybrid oder virtuell getagt wird.

Die Einberufungsfrist ist einer der häufigsten Angriffspunkte bei der Anfechtung von Beschlüssen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Wer die Drei‑Wochen‑Regel des § 24 Abs. 4 WEG, die Fristenmechanik der §§ 187 bis 193 BGB und den rechtssicheren Zugang der Einladung beherrscht, senkt Anfechtungs‑ und Haftungsrisiken deutlich. Dieser Leitfaden ordnet den Rechtsrahmen ein, zeigt die korrekte Fristberechnung, erklärt Brief, E‑Mail und Portal als Zustellwege, grenzt Dringlichkeitsladungen ab und skizziert belastbare Abläufe und Dokumentation. Für Zuständigkeiten und typische Anlässe der Einladung lohnt als Überblick der Beitrag Eigentümerversammlung einberufen: Pflichten, Fristen, Zuständigkeiten.

Rechtsrahmen und Zweck der Drei‑Wochen‑Frist

Kernnorm ist § 24 Abs. 4 WEG: Die Einberufung zur Eigentümerversammlung hat in Textform zu erfolgen; die Einladungsfrist soll, sofern nicht besondere Dringlichkeit vorliegt, mindestens drei Wochen betragen. Die Soll‑Formulierung lässt Ausnahmen nur eng begründet zu; Regelfall bleibt die volle Drei‑Wochen‑Frist. Inhaltlich verlangt eine ordnungsgemäße Einladung Ort, Zeit und eine hinreichend bestimmte Tagesordnung; zuständig lädt grundsätzlich der Verwalter, mindestens einmal jährlich (§ 24 Abs. 1 WEG).


Seit dem 17.10.2024 können die Wohnungseigentümer mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen beschließen, reine Online‑Versammlungen für längstens drei Jahre zuzulassen; die Rechte müssen einer Präsenzversammlung vergleichbar sein (§ 23 Abs. 1a WEG). Die Drei‑Wochen‑Frist gilt unverändert. Rechtsgrundlage ist das Gesetz BGBl. 2024 I Nr. 306.


Nicht jede fehlerhafte Einladung führt zur Nichtigkeit. Der Bundesgerichtshof hat betont, dass die Nichtladung einzelner Eigentümer regelmäßig „nur“ zur Anfechtbarkeit, nicht zur Nichtigkeit führt (BGH, Urteil vom 20.07.2012 – V ZR 235/11). Für die Praxis heißt das: Frist, Form und Zuständigkeit konsequent einhalten und Ausnahmen sauber begründen.

Fristberechnung: So läuft die Drei‑Wochen‑Regel

Die Frist knüpft an den Zugang der Einladung an. Bei ereignisbezogenen Fristen zählt der Tag des Ereignisses nicht mit; Fristbeginn ist der Folgetag (§ 187 Abs. 1 BGB). Fristen nach Wochen enden mit Ablauf des Tages, der seiner Benennung nach dem Zugangstag entspricht (§ 188 BGB). Fällt das Fristende auf Samstag, Sonntag oder staatlichen Feiertag, verschiebt es sich auf den nächsten Werktag (§ 193 BGB). Versammelt werden darf erst am Tag nach Fristende. Maßgeblich ist stets der späteste Zugang in der Gemeinschaft, damit alle Eigentümer die volle Vorlaufzeit erhalten.


Praxisbeispiel 1: Zugang beim letzten Eigentümer am Montag, 10.03. → Fristbeginn Dienstag, 11.03. → Fristende Montag, 31.03. (Ablauf) → Versammlung frühestens am Dienstag, 01.04. Fällt der 31.03. auf einen Sonntag, verschiebt sich das Fristende auf Montag, 01.04.; getagt werden darf frühestens am Dienstag, 02.04.

Praxisbeispiel 2: Unterschiedliche Zustellwege führen zu unterschiedlichen Zugangsterminen. Kommt ein Brief am 02., eine E‑Mail am 01. und ein weiterer Brief am 05. des Monats an, ist für die Fristberechnung der 05. maßgeblich. Planungssicher ist eine Einladungslogik, die reale Postlaufzeiten, Feiertage und dokumentierte elektronische Zustellprotokolle berücksichtigt. Eine kurze Fristdokumentation mit Datumsspalten für Zugang, Fristbeginn, Fristende und etwaige Verschiebungen nach § 193 BGB gehört in den Aktenvermerk.

Zugang und Zustellwege: Brief, E‑Mail, Portal

Zugang liegt vor, wenn die Einladung in den Machtbereich des Eigentümers gelangt und unter gewöhnlichen Umständen mit Kenntnisnahme zu rechnen ist. Beim Brief genügt der Einwurf in den Briefkasten; fristwahrend ist der Zugang, nicht die Absendung. Für E‑Mails gilt: Im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist eine E‑Mail bereits zugegangen, wenn sie während der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver abrufbar bereitsteht; ein tatsächliches Lesen ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 06.10.2022 – VII ZR 895/21).

Textform im Sinne von § 126b BGB setzt eine lesbare Erklärung unter Nennung des Erklärenden auf einem dauerhaften Datenträger voraus; eine Unterschrift ist nicht erforderlich. Verlangt die Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung hingegen Schriftform (§ 126 BGB), genügt Textform nicht. Portale sind tauglich, wenn der Einladungstext dort dauerhaft unverändert abrufbar ist und aktive Benachrichtigungen erfolgen.

Die Gemeinschaftsordnung kann abweichend das Absendeprinzip vorsehen. Der BGH hat eine Klausel gebilligt, nach der für die Ordnungsmäßigkeit die rechtzeitige Absendung an die zuletzt mitgeteilte Anschrift genügt (BGH, Urteil vom 20.11.2020 – V ZR 196/19). Unabhängig davon empfiehlt sich aus Organisationsgründen der Nachweis des tatsächlichen Zugangs, um Friststreit zu vermeiden.

Dringlichkeitsladung und Alternativen (Außerordentliche ETV)

Die Drei‑Wochen‑Frist ist eine Soll‑Vorschrift. Verkürzte Ladungen sind nur bei objektiver, dokumentierter Dringlichkeit vertretbar, etwa bei behördlicher Untersagung, akuter Gefahrenlage oder fristgebundenen Maßnahmen zur Schadensabwehr. Weiche Gründe wie Ferienzeiten, erwartbar geringe Teilnahme oder kontroverse Debatten reichen nicht. Fehlt ein belastbarer Grund, sind Beschlüsse regelmäßig anfechtbar. Rechtsanker bleibt § 24 WEG; Dringlichkeit ist in der Einladung nachvollziehbar zu begründen.

Ein Einberufungsmangel durch einen Nichtzuständigen kann ausnahmsweise geheilt sein, wenn ausnahmslos alle Eigentümer teilnehmen und abstimmen (Vollversammlung; BGH, Urteil vom 11.03.2022 – V ZR 77/21). Auf Heilung sollte man organisatorisch nicht setzen; die Ausnahme ersetzt keine saubere Zuständigkeits‑ und Fristprüfung.

Für enge Zeitfenster stehen Alternativen bereit: Der Umlaufbeschluss nach § 23 Abs. 3 WEG ermöglicht Entscheidungen ohne Sitzung; grundsätzlich ist Einstimmigkeit erforderlich, kann aber für einen konkret benannten Einzelfall per Vorbeschluss auf Mehrheit der abgegebenen Stimmen abgesenkt werden. Die einzelnen Schritte erläutert der Leitfaden Wie funktioniert ein Umlaufbeschluss in einer WEG?

Was bei kurzfristigen Absagen zu beachten ist und welche Alternativen dann greifen, zeigt der Beitrag Eigentümerversammlung kurzfristig abgesagt: Rechte und Folgen.

Sichere Abläufe in der Praxis: Prozess, Dokumentation, Formate

Starten Sie mit der Prüfung der Gemeinschaftsordnung (Text‑/Schriftform, mögliches Absendeprinzip), berechnen und dokumentieren Sie die Frist nach §§ 187 bis 193 BGB und legen Sie Zustellwege fest. Ein Aktenvermerk sollte Fristbeginn und ‑ende, angewandte Normen, Versand‑ und Zugangsdaten sowie Rückläufer enthalten; das schafft belastbare Beweise im Anfechtungsfall.

Hybride oder rein virtuelle Formate erhöhen die Resilienz. Für die rein virtuelle Versammlung ist ein Beschluss nach § 23 Abs. 1a WEG mit Dreiviertel‑Mehrheit nötig; die Einladung bleibt frist‑ und formgebunden wie bei Präsenz. Bei Terminproblemen empfiehlt sich die zweigleisige Lösung aus zeitnaher Neuladung mit voller Frist und vorbereiteten Umlaufbeschlüssen für eilbedürftige Einzelpunkte.

Fazit zum Thema

Die Drei‑Wochen‑Frist des § 24 Abs. 4 WEG ist der Regelfall und das Rückgrat belastbarer Beschlüsse. Rechtssichere Einladungen verlangen Textform, präzise Fristberechnung nach §§ 187 bis 193 BGB und zugangssichere Zustellung. Dringlichkeitsladungen bleiben die eng begrenzte Ausnahme und müssen begründet werden. Wer Abläufe standardisiert, Nachweise führt und Alternativen wie Umlauf oder virtuelle Sitzung vorbereitet, hält die Eigentümergemeinschaft handlungsfähig – unabhängig davon, ob in Präsenz, hybrid oder virtuell getagt wird.

Ob Wirtschaftsplan, Sanierungsentscheidungen oder Verwalterbestellung: Ohne Eigentümerversammlung bleibt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) handlungsunfähig. Gleichzeitig führen Formfehler bei der Einladung oder zögerliches Einberufen schnell zu Anfechtungen, Verzögerungen und Liquiditätsrisiken. Dieser Leitfaden erklärt, wann eine Versammlung zwingend einzuberufen ist, wer dazu befugt ist, welche Fristen und Formvorgaben gelten und welche Alternativen zur Präsenzsitzung es gibt. Dabei werden die Schlüsselnormen des WEG mit praxistauglichen Abläufen verzahnt. Ergänzend verlinken wir dort, wo es inhaltlich wirklich weiterhilft, auf vertiefende Beiträge aus unserer Praxis.

Pflicht zur Einberufung und typische Anlässe

Der gesetzliche Ausgangspunkt ist eindeutig: Der Verwalter muss mindestens einmal jährlich eine Eigentümerversammlung einberufen (§ 24 Abs. 1 WEG). Dieses Jahresformat reicht jedoch in der Praxis oft nicht, denn ordnungsmäßige Verwaltung verlangt zusätzliche Sitzungen, sobald ein sachlicher Entscheidungsbedarf besteht. Typische Auslöser sind die Feststellung oder Anpassung des Wirtschaftsplans, Nachschussbeschlüsse und Entlastungen (§ 28 WEG), die Wahl oder Ergänzung des Verwaltungsbeirats (§ 29 WEG), die Bestellung oder Abberufung des Verwalters (§ 26 WEG) sowie Beschlüsse über bauliche Veränderungen (§ 20 WEG). Instandhaltungs‑ und Sicherheitsfragen, Ablauf von Versicherungsverträgen oder drohende Fristen im Gewährleistungsrecht rechtfertigen außerordentliche Versammlungen. Wichtig ist die zeitliche Steuerung: Bei planbaren Themen sollte früh geladen werden, damit Angebote, Gutachten und Beschlussvorschläge vorliegen; bei Eilbedürftigkeit gilt es, die Dringlichkeit sauber zu dokumentieren. Scheitert ein Präsenztermin absehbar an Raum‑ oder Verfügbarkeitsproblemen, ist es sinnvoll, bereits im Vorfeld organisatorische Alternativen zu konzipieren. Für Formate mit Zuschaltung per Video und deren Stolpersteine bietet der Beitrag Hybride Eigentümerversammlung: Was Eigentümer beachten sollten einen kompakten Überblick, der hilft, Absagen zu vermeiden und Teilnahme zu erhöhen. In Summe gilt: Einmal jährlich ist das Minimum; darüber hinaus bestimmt der konkrete Handlungsbedarf den Takt, damit die Wohnungseigentümergemeinschaft entscheidungsfähig bleibt.

Wer einberufen darf – Grundsatz, Ersatzwege und Heilung

Grundsätzlich lädt der bestellte Verwalter ein (§ 24 Abs. 1 WEG). Fehlt er, ist abberufen oder verweigert er pflichtwidrig die Einberufung, greifen Ersatzmechanismen: Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder dessen Stellvertreter darf dann einladen; ein einzelner Wohnungseigentümer nur, wenn ihn die Eigentümergemeinschaft zuvor durch Beschluss dazu ermächtigt hat (§ 24 Abs. 3 WEG). In Blockadesituationen, in denen eine Ermächtigung mangels Sitzung nicht erreichbar ist, kommt die gerichtliche Ermächtigung eines Eigentümers in Betracht. Für die Praxis entscheidend: Einladungsfehler sind ernst, aber nicht immer tödlich. Die Rechtsprechung lässt eine Heilung in der seltenen Konstellation zu, dass zwar ein Nichtzuständiger geladen hat, aber ausnahmslos alle Eigentümer tatsächlich teilnehmen; dann kann der Einladungsmangel entfallen. Diese Ausnahme ersetzt keine saubere Zuständigkeitsprüfung, sie verhindert nur, dass vollzählige Versammlungen an Formalien scheitern. Verweigert die Verwaltung trotz ordnungsgemäßem Verlangen die Ladung, zeigt der Leitfaden Wenn der Verwalter nicht zur Versammlung einlädt die Eskalationsschritte vom dokumentierten Einberufungsverlangen über Ersatzladungen bis zur gerichtlichen Ermächtigung. Für Verwalter empfiehlt sich, interne Stellvertreter‑ und Notfallregelungen zu etablieren, damit Leitungsvakuen gar nicht erst entstehen und die Eigentümergemeinschaft verlässlich arbeitsfähig bleibt.

Einberufungsverlangen der Eigentümer: Quoren, Form und Inhalt

Neben der jährlichen Pflichtversammlung schützt das Gesetz aktiv Minderheiteninteressen. Nach § 24 Abs. 2 WEG muss der Verwalter eine Versammlung einberufen, wenn mehr als ein Viertel der Wohnungseigentümer dies in Textform unter Angabe von Zweck und Gründen verlangt. Das Quorum knüpft an Köpfe an, nicht an Miteigentumsanteile. Der Inhalt ist mehr als Formalie: Zweck und Gründe sollen die Tagesordnung beschlussreif machen und Überraschungen vermeiden. Praktisch bewährt sich, dem Verlangen gleich Beschlussvorschläge, Anlagen (z. B. Angebote, Skizzen) und eine Priorisierung beizulegen. Der Verwalter hat daraufhin ohne schuldhaftes Zögern zu laden; bei Eilbedürftigkeit kann sein Organisationsermessen auf Null schrumpfen. Missachtet die Verwaltung ein ordnungsgemäßes Verlangen, sind die Ersatzladungen nach § 24 Abs. 3 WEG der nächste Schritt; parallel kann eine Ermächtigung beim Amtsgericht beantragt werden. Inhaltliche Grenzen sollten früh geprüft werden: Nicht alles ist per einfacher Mehrheit regelbar; wo Vereinbarungen der Gemeinschaftsordnung oder Gesetzesvorbehalte greifen, drohen sonst Anfechtungen. Einen guten Überblick bietet der Beitrag Grenzen der Beschlusskompetenz in einer Eigentümergemeinschaft. Für die Verwaltung gilt: Standardisierte Muster für Einberufungsverlangen und strukturierte Rückmeldungen sparen Zeit und machen die Kommunikation belastbar, falls es später zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt.

Form, Frist und Alternativen: Textform, Drei‑Wochen‑Regel, virtuell und Umlauf

Die Einberufung hat in Textform zu erfolgen (§ 24 Abs. 4 WEG), also etwa per Brief, E‑Mail oder Fax, wenn Lesbarkeit und Zuordnung gewährleistet sind. Die Einladungsfrist soll mindestens drei Wochen betragen und läuft ab Zugang bei den Eigentümern; Dringlichkeitsladungen sind möglich, müssen aber eng begründet werden, weil eine zu knappe Vorbereitungszeit Anfechtungsrisiken erhöht. Die Einladung muss Ort, Zeit und eine hinreichend bestimmte Tagesordnung enthalten; Nachträge sind heikel und nur bei klaren Voraussetzungen zulässig. Neben Präsenz‑ und Hybridterminen steht seit 2024 die rein virtuelle Eigentümerversammlung im Gesetz: Mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen kann die Eigentümergemeinschaft beschließen, Versammlungen innerhalb eines Zeitfensters von bis zu drei Jahren ohne physische Präsenz durchzuführen; die Rechte der Teilnehmenden müssen einer Präsenzsitzung vergleichbar bleiben (§ 23 Abs. 1a WEG). Ergänzend bietet der Umlaufbeschluss nach § 23 Abs. 3 WEG Handlungsfähigkeit ohne Sitzung: Grundsätzlich ist Einstimmigkeit erforderlich; für einen konkret benannten Einzelfall kann die Gemeinschaft jedoch durch einen Vorbeschluss festlegen, dass im anschließenden Umlauf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt (Absenkungsbeschluss). Wie das Umlaufverfahren rechtssicher vorbereitet, dokumentiert und technisch umgesetzt wird, erläutert der Beitrag Umlaufbeschluss in der WEG. Für Verwalter heißt das: In der Einladungsorganisation klare Checklisten nutzen, Dringlichkeit sauber belegen und alternative Beschlusswege vorbereitet halten.

Einladungsmängel, Anfechtung und Governance

Fehler bei Zuständigkeit, Frist, Form oder Tagesordnung sind die häufigsten Gründe für Anfechtungen. Wird eine Versammlung von einem Nichtzuständigen einberufen, fehlt die Drei‑Wochen‑Frist oder ist ein Beschlussgegenstand nicht hinreichend bezeichnet, erhöht sich das Risiko erheblich. Gleichwohl differenziert die Rechtsprechung: In Vollversammlungen kann ein Einberufungsmangel geheilt sein, wenn alle Eigentümer teilnehmen und den Gegenstand erkennbar verhandeln. Darauf sollte man sich nicht verlassen; besser ist eine robuste Governance. Dazu gehören wiederkehrende Grundsatzbeschlüsse zur Versammlungsorganisation, Stellvertretungs‑ und Fallback‑Regeln in der Versammlungsleitung, definierte Kommunikationskanäle und eine lückenlose Zugangsdokumentation (z. B. Rückläuferpost, Empfangsbestätigungen, Portaleinladungen). Sinnvoll ist außerdem, im Verwaltervertrag klare Pflichten zum Fristen‑ und Dokumentenmanagement zu regeln, damit die Eigentümergemeinschaft im Zweifel nachweisen kann, dass ordnungsmäßig gehandelt wurde. Gerät die Verwaltung ins Stocken oder verweigert die Ladung, sind Ersatzladungen und die gerichtliche Ermächtigung konsequent zu verfolgen; das wahrt Handlungsfähigkeit und reduziert Folgekosten. Wichtig bleibt: Je strukturierter Einladungen und Tagesordnungen vorbereitet sind, desto belastbarer sind die Beschlüsse der WEG‑Gemeinschaft.

Fazit zum Thema

Mindestens eine Eigentümerversammlung pro Jahr ist gesetzlich vorgeschrieben. Darüber hinaus entscheidet der konkrete Handlungsbedarf über zusätzliche Termine. Einladungen müssen zuständig, fristgerecht und formal korrekt erfolgen; Alternativen wie virtuelle Versammlung und Umlaufbeschluss sichern die Entscheidungsfähigkeit. Mit klaren Ersatzwegen, dokumentierter Dringlichkeit und robusten Governance‑Standards minimiert die Eigentümergemeinschaft Anfechtungs‑ und Haftungsrisiken und bleibt verlässlich handlungsfähig.

Darf die Hausverwaltung eine bereits einberufene Eigentümerversammlung kurzfristig absagen oder verlegen – und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Die Antwort hängt am Zusammenspiel von Gesetz, Vereinbarungen der Gemeinschaft und aktueller Rechtsprechung. Maßgeblich sind § 24 WEG (Einberufung, Leitung, Protokoll) sowie § 23 WEG (Beschlussfassung, Umlaufbeschlüsse und – seit 17.10.2024 – die rein virtuelle Versammlung). Kurzfristige Absagen sind nicht generell verboten, verlangen aber einen sachlichen Grund, zügige Kommunikation und eine saubere Dokumentation. Der Beitrag ordnet die Rechtslage ein, grenzt zulässige von riskanten Absagen ab und zeigt praktische Alternativen (Ersatztermin, Umlauf- oder virtuelle Versammlung) auf.

Rechtsrahmen: Einberufung, Absage, Verlegung und Vertagung in der WEG‑Praxis

Ausgangspunkt ist § 24 WEG: Einberufungszuständig ist grundsätzlich der Verwalter; mindestens eine Versammlung pro Jahr ist Pflicht. Das Gesetz regelt die „Absage“ einer bereits ordnungsgemäß geladenen Versammlung nicht ausdrücklich. Aus der Einberufungskompetenz folgt jedoch nur ein eng begrenztes Recht, eine Sitzung aus sachlichem Grund aufzuheben oder zu verlegen. Der Maßstab bleibt die ordnungsmäßige Verwaltung (§ 19 WEG als Leitbild), flankiert von den Formvorschriften des § 24 WEG (z. B. Ladung, Niederschrift). Wichtig: § 24 WEG ist nach höchstrichterlicher Linie dispositiv – also nicht in jedem Detail zwingend. Das eröffnet der Eigentümergemeinschaft (Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – GdWE) Gestaltungsspielräume in Gemeinschaftsordnung oder wiederkehrenden Grundsatzbeschlüssen, ohne die Eigentümerrechte auszuhöhlen.

In der Versammlung selbst gilt: Führt der Verwalter den Vorsitz (§ 24 Abs. 5 WEG), kann die Versammlung gleichwohl jederzeit mehrheitlich eine andere Versammlungsleitung bestimmen; die Verwaltung ist nicht „Herrin“ der Versammlung. Ein einseitiger Abbruch durch die Verwaltung ist grundsätzlich unzulässig; bricht die Verwaltung ab oder verlässt den Raum, können die Eigentümer einen neuen Leiter wählen und fortfahren, solange Beschlussfähigkeit und Verfahrensregeln gewahrt sind. Praktisch zu unterscheiden sind daher: Absage vor Beginn (Abladung), Verlegung auf einen neuen Termin (neue Ladung) und Vertagung nach Eröffnung (Beschluss der WEG‑Gemeinschaft). Diese Differenzierung ist nicht nur formal – sie entscheidet über Risiken, etwa Schadensersatz wegen nutzloser Anreise oder die Anfechtbarkeit späterer Beschlüsse.

Wann ist eine kurzfristige Absage zulässig – und wann nicht?

Zulässig sind Absagen aus objektiven, dokumentierten Gründen, die die Durchführung unmöglich machen oder unzumutbar erschweren. Typische Fälle: behördliche Untersagung oder der kurzfristige Wegfall des Versammlungsorts, akute Gefahrenlagen (Brandschutz, Unwetter), eine gesicherte, nicht kompensierbare Verhinderung des Versammlungsleiters trotz zumutbarer Ersatzsuche oder neue rechtliche Vorgaben zwischen Einladung und Termin. So hat etwa das LG Meiningen pandemiebedingte Abladungen gebilligt, wenn eine ursprünglich zulässige Präsenzversammlung durch nachträgliche Verbote unzulässig geworden war.

Dagegen reichen „weiche“ Gründe in der Regel nicht aus: die bloße Verhinderung einzelner Eigentümer, ein erwartbar geringes Quorum oder die Befürchtung kontroverser Debatten. Ebenfalls keine Rechtspflicht der Verwaltung ist es, vorsorglich hybride Teilnahme zu eröffnen; der BGH hat 2024 klargestellt, dass der Verwalter nicht von sich aus Online‑Teilnahme anbieten oder in der Einladung erläutern muss – selbst bei bestehendem Grundlagenbeschluss. Entscheidend ist, dass die Verwaltung Alternativen prüft (Ersatzraum, Verlegung, virtuelle Fallback‑Option) und die Gründe der Abladung schriftlich festhält. Je kurzfristiger die Absage, desto strenger die Anforderungen an die Erreichbarkeit der Mitteilung und an die Darlegung, warum ein Ersatztermin nicht sofort angeboten werden konnte.

Für die Praxis bedeutet das: objektive Gründe belegen, Alternativen dokumentieren, unverzüglich informieren – dann bleibt die Eigentümergemeinschaft handlungsfähig und rechtssicher.

Folgen einer unzulässigen oder verspäteten Absage: Haftungsrisiken, Einberufungsrechte, Schadensersatz

Unterbleibt die Versammlung ohne tragfähigen Grund oder informiert der Verwalter so spät, dass die Abladung die Eigentümer nicht mehr erreicht, drohen Rechtsfolgen. Zivilrechtlich kommen Ansprüche nach § 280 BGB in Betracht; anerkannt sind insbesondere erstattungsfähige Reisekosten bei vermeidbar verspäteter Absage. Öffentlich-rechtliche Zwangsmittel spielen regelmäßig keine Rolle, wohl aber Aufsicht und Druck durch Eigentümerbeschlüsse bis hin zur Abberufungsdebatte. Daneben bestehen klare Einberufungsrechte: Weigert sich die Verwaltung, trotz Anspruchs einzuladen, greifen die subsidiären Rechte des Beiratsvorsitzenden/Stellvertreters; notfalls können Eigentümer eine gerichtliche Ermächtigung erwirken. Für die Wohnungseigentümergemeinschaft lohnt es sich, in der Tagesordnung „kritische“ TOP (z. B. Fristen, Notmaßnahmen) so zu strukturieren, dass diese im Umlauf oder in einer zeitnahen Ersatzsitzung entscheidungsreif sind.

Praktischer Tipp: Bei jedem Absagefall erstellt die Verwaltung einen kurzen Aktenvermerk (Grund, Zeitpunkt der Kenntnis, geprüfte Alternativen, Zeitpunkt und Kanal der Mitteilung) und informiert die Eigentümer mit Ersatzterminvorschlägen. Was Eigentümer tun können, wenn die Verwaltung gar nicht lädt, erläutert MIV im Praxisbeitrag Wenn der Verwalter nicht zur Versammlung einlädt

Alternativen zur Absage: Ersatztermin, Umlaufbeschluss und seit 17.10.2024 die virtuelle Versammlung

Der erste Weg nach einer Abladung ist die zügige Neuladung mit ordnungsgemäßer Frist. Für eilbedürftige Einzelpunkte erlaubt § 23 Abs. 3 WEG Beschlüsse ohne Versammlung (Umlaufbeschluss), wenn alle Wohnungseigentümer in Textform zustimmen; zusätzlich kann die Gemeinschaft für einen genau bezeichneten Einzelfall beschließen, dass im anschließenden Umlauf die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt (Absenkungsbeschluss). Seit dem 17.10.2024 kennt § 23 WEG außerdem die rein virtuelle Eigentümerversammlung: Mit mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen kann die Eigentümergemeinschaft für einen Zeitraum von längstens drei Jahren beschließen, Versammlungen ohne physische Präsenz durchzuführen. Die virtuelle Versammlung muss hinsichtlich Teilnahme und Rechteausübung einer Präsenzversammlung vergleichbar sein; praktische Leitplanken (Einladungstext, Technikcheck, Live‑Identifikation, Stimmrechtsausübung, Protokoll) sollten die Eigentümergemeinschaft vorab durch Beschluss definieren.

Für eilbedürftige Beschlussgegenstände empfiehlt sich oft eine zweistufige Lösung: Sofortige Vorbereitung eines Umlaufbeschlusses (inkl. Absenkungsbeschluss, wo zulässig) und parallel die Neuladung einer Ersatzversammlung – so bleibt die Wohnungseigentümergemeinschaft entscheidungsfähig, auch wenn die Präsenz kurzfristig scheitert. Einen praxisnahen Überblick über rechtliche und organisatorische Anforderungen des Umlaufwegs bietet der MIV‑Leitfaden Wie funktioniert ein Umlaufbeschluss in einer WEG?.

Governance und Organisation: Spielregeln im Voraus festlegen

Die beste Absage ist die, die nicht nötig wird. Dazu gehört Organisation mit Redundanz (Ersatzraum, Stellvertreterregelung in der Versammlungsleitung, Technik‑Fallback), klare Kommunikationskanäle und belastbare Geschäftsordnungs‑Standards. Die Eigentümergemeinschaft kann in wiederkehrenden Grundsatzbeschlüssen festlegen, wann und wie verlegt wird (z. B. Kriterienkatalog „höhere Gewalt/Unzumutbarkeit“), welche Informationswege genutzt werden (E‑Mail/Portal/SMS plus Post) und welche Alternativen automatisch greifen (Umlauf/virtuell).

Gleichzeitig müssen die Grenzen der Beschlusskompetenz beachtet werden: Nicht alles lässt sich mit einfacher Mehrheit vorstrukturieren; hier hilft ein Blick auf die typischen Fallstricke bei formellen Geschäftsordnungs‑ und Verfahrensbeschlüssen. In der Sitzung selbst gilt: Die Eigentümergemeinschaft kann anstelle der Verwaltung jederzeit einen anderen Leiter wählen; das verhindert Blockaden, falls die Verwaltung die Versammlung ohne tragfähigen Grund abbrechen will. Wer Hybrid‑ oder Online‑Alternativen vorbereitet, reduziert Absagegründe – organisatorische Hinweise und Checklisten bietet der MIV‑Leitfaden Hybride Eigentümerversammlung: Was Eigentümer beachten sollten; die rechtlichen Leitplanken ordnet der Beitrag Grenzen der Beschlusskompetenz in einer Eigentümergemeinschaft ein.

Fazit zum Thema

Kurzfristige Absagen sind nur auf Basis objektiver, dokumentierter Gründe und unverzüglicher Kommunikation vertretbar. Wer Ersatztermine zügig lädt, den Umlaufweg rechtssicher nutzt und die virtuelle Fallback‑Option vorab beschließt, bleibt als Eigentümergemeinschaft handlungsfähig und minimiert Anfechtungs‑ und Haftungsrisiken. Pflichtwidrige oder verspätete Abladungen können hingegen Schadensersatz auslösen und das Vertrauen in die Verwaltung untergraben. Klare Governance‑Beschlüsse – kombiniert mit sauberer Dokumentation und realistischen Technik‑/Raum‑Fallbacks – verbinden Flexibilität mit Rechtssicherheit.

Müssen vor der Beauftragung einer Kanzlei mehrere Angebote eingeholt werden? Nach aktueller höchstrichterlicher Linie ist die Anwaltswahl Vertrauenssache; ein Angebotswettbewerb wird nicht verlangt. Für die Praxis bedeutet das weniger Vergabeformalismus, aber höhere Anforderungen an Beschlussqualität, Budgetdisziplin und Dokumentation. Dieser Leitfaden ordnet die Rechtslage ein, beschreibt einen schlanken, rechtssicheren Mandatierungsprozess samt Nachgenehmigung im Eilfall, zeigt, wie Verwalter Kosten steuern und Liquidität sichern, und nennt nachvollziehbare Auswahlkriterien. Am Ende finden Sie eine Muster‑Beschlussvorlage für die nächste Eigentümerversammlung. Als vertiefende Lektüre eignet sich der Beitrag Grenzen der Beschlusskompetenz in einer Eigentümergemeinschaft, der einordnet, welche Entscheidungen zwingend der Versammlung vorbehalten sind und welche delegierbar sind: Grenzen der Beschlusskompetenz in einer Eigentümergemeinschaft.

Rechtslage und Kernaussage der Entscheidung

Rechtsgrundlage der anwaltlichen Vertretung ist § 27 WEG: Der Verwalter vertritt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) gerichtlich und außergerichtlich; inhaltliche Leitplanke bleibt § 19 WEG (ordnungsmäßige Verwaltung). Über das Ob einer Beauftragung entscheidet allerdings die Versammlung nach § 23 WEG; ein ordentlicher Beschluss ist daher regelmäßig erforderlich. Mit Urteil vom 18.07.2025 (V ZR 76/24) hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass bei der Mandatierung von Rechtsanwälten – und ebenso von Sachverständigen – keine Pflicht zur Einholung mehrerer Vergleichsangebote besteht. Die Begründung ist praxisnah: Juristische Leistungen lassen sich nicht zuverlässig über den Preis vergleichen; maßgeblich ist die Eignung für den konkreten Fall, also Fachgebiet, forensische Erfahrung, Kapazität, Verständlichkeit und strategische Passung.

Dieser Maßstab unterscheidet sich bewusst von typischen Werk‑ und Dienstleistungen am Gebäude (Handwerk, Facility, Instandhaltung), bei denen Preis und Leistungsumfang vergleichbar sind und die ordnungsmäßige Verwaltung regelmäßig eine Markterkundung erwarten lässt. Für Verwalter folgt daraus eine doppelte Sorgfaltspflicht: Erstens, die Auswahl einer Kanzlei mit belastbaren, dokumentierten Sachgründen zu unterlegen; zweitens, die Beschlussfassung so zu strukturieren, dass Mandatszweck, Vergütungsrahmen und Befugnisse transparent und prüfbar sind. Die Entscheidung ist damit kein Freibrief für intransparente Alleingänge, sondern verschiebt den Fokus von formalen Angebotszahlen auf die materielle Eignung der beauftragten Profis. Besonders in Fristensachverhalten (Anfechtung, Leistungsverzug, Beweisnot) stärkt sie die Handlungsfähigkeit der GdWE, ohne das Kontrollniveau der Eigentümer zu senken, solange Einladung, Beschluss und Aktenführung sauber umgesetzt werden.

Mandatierungsprozess in der Praxis: Einladung, Beschluss, Eilfall

Der Weg zum Mandat beginnt mit einer formal korrekten Einladung nach § 24 WEG und einem präzisen Tagesordnungspunkt. Bereits in der Einladung sollte die Streitmaterie skizziert werden (zum Beispiel Anfechtung eines Nachschussbeschlusses, Geltendmachung von Mängelrechten gegen den Bauträger), außerdem das Ziel des Mandats (Beratung, Klage, Vergleichsverhandlungen) und der gewünschte Vergütungsrahmen (RVG‑Abrechnung oder Honorarvereinbarung). In der Versammlung fasst die GdWE einen klaren Beschluss, der die Kanzlei konkret bezeichnet, den Verwalter zur Abwicklung bevollmächtigt (Mandatsbestätigung, Vollmacht, Kommunikation, Fristenkontrolle) und zugleich ein Budget inklusive Eskalationslogik festlegt. Bewährt hat sich ein einfaches Modell: Startbudget mit Pflicht zum Zwischenbericht bei 80 Prozent Ausschöpfung; weiterer Aufwand nur per Nachbeschluss.

Getrennte Abstimmungen über Mandat und Vergütung sind zulässig und verbessern Akzeptanz und Nachvollziehbarkeit. In echten Eilfällen darf der Verwalter unaufschiebbare Maßnahmen veranlassen; rechtssicher wird es, wenn die GdWE dieses Vorgehen zeitnah nachgenehmigt und gleichzeitig Budget sowie Berichts‑ und Dokumentationspflichten festlegt. Lässt sich ein Präsenztermin nicht rechtzeitig organisieren, kann – soweit die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (insbesondere Einstimmigkeit) – der Umlaufweg genutzt werden. Für Ablauf, Fristenführung und Dokumentationsanforderungen bietet der Beitrag Wie funktioniert ein Umlaufbeschluss in einer WEG? einen kompakten Leitfaden: Wie funktioniert ein Umlaufbeschluss in einer WEG?. In der Praxis empfiehlt es sich, bereits mit der Einladung einen ausformulierten Beschlussvorschlag zu versenden, sodass die Versammlung unmittelbar entscheiden kann und das Mandat noch am selben Tag starten kann.

Kostenrahmen, Liquiditätssteuerung und Abgrenzung zu Werkleistungen

Anwalts‑ und Gutachterkosten sind Verwaltungskosten im Sinne des § 16 WEG und gehören in den Wirtschaftsplan gemäß § 28 WEG. Weil Streitwerte und Verfahrensdauern stark variieren, ist ein mehrstufiges Budgetmodell sinnvoll: Ein Startbudget deckt Analyse, Erstkorrespondenz und Vergleichsversuche; ab 80 Prozent Ausschöpfung informiert die Kanzlei über den Stand und den zu erwartenden weiteren Aufwand; für Beweisaufnahme, Sachverständige, Berufung oder umfangreiche Vergleichsverhandlungen beschließt die GdWE auf Basis dieses Berichts nach. Parallel ist die Liquidität zu sichern: Stimmen die Vorschüsse nicht, drohen Unterdeckungen; Abhilfe schaffen eine Anpassung der Vorschüsse oder – bei Großverfahren – eine zweckgebundene Sonderumlage. Für Transparenz in Jahresabrechnung und Vermögensbericht empfiehlt sich eine eigene Kostenzeile für „juristische Beratung/Prozessführung“, damit Eigentümer Zahlflüsse nachvollziehen können und Entlastungen nicht an formalen Unklarheiten scheitern.

Gleichzeitig bleibt die Abgrenzung zu Werkleistungen entscheidend: Während bei Kanzleien kein Angebotswettbewerb gefordert ist, erwartet ordnungsmäßige Verwaltung bei Handwerker‑ und Instandsetzungsverträgen regelmäßig drei vergleichbare Angebote, eine Gegenüberstellung von Leistungsinhalten, Gewährleistungsumfängen und Preisen sowie eine dokumentierte Auswahlentscheidung. Weil in Anfechtungsverfahren selbst erfolgreiche Kläger mittelbar über ihre Miteigentumsanteile an Gemeinschaftskosten partizipieren, lohnt vor Klageerhebung eine nüchterne Kosten‑Nutzen‑Abwägung; eine praxisnahe Einordnung der Lasten findet sich im Beitrag Verteilung der Anwalts- und Gerichtskosten bei einer Anfechtung: Verteilung der Anwalts- und Gerichtskosten bei einer Anfechtung.

Auswahlkriterien, Nachvollziehbarkeit und Aktenführung

Auch ohne Angebotsvergleich braucht die Kanzleiauswahl einen klar dokumentierten Sachgrund. Geeignete Kriterien sind Spezialisierung im WEG‑ und Immobilienrecht (Publikationen, einschlägige Verfahren), forensische Erfahrung am zuständigen Amts‑/Landgericht, personelle Verfügbarkeit in kritischen Fristenfenstern, Erreichbarkeit und Kommunikationsqualität (strukturierte Schriftsätze, verständliche Memos) sowie sichere digitale Zusammenarbeit (verschlüsselte E‑Mail, geschütztes Dokumentenportal, revisionssichere Ablage). Diese Kriterien gehören in die Beschlussbegründung oder in eine kurze Anlage; handwerkliche Vergabematrizen sind nicht erforderlich, aber ein schlankes, prüfbares Begründungsraster ist sinnvoll.

In die Akte aufgenommen werden sollten Beschluss, Mandatsbestätigung, Vollmacht, Vergütungsabrede (RVG/Honorar), Berichts‑ und Budgetregeln, Fristenkalender mit Wiedervorlagen, Beleg‑ und Zeiterfassungen. Ein festes Reporting‑Schema der Kanzlei (zum Beispiel quartalsweise oder nach Meilensteinen) erleichtert die Steuerung durch Verwalter und Beirat. Wer diese Organisationsfragen gleich im Verwaltervertrag regeln möchte (Schwellenwerte, Berichtspflichten, Eilfall‑Handlungsspielräume), findet Orientierung im Beitrag WEG‑Verwaltervertrag: Worauf sollten Eigentümer bei einem WEG‑Verwaltervertrag achten?. Für die Durchführung von Beschlüssen in gemischten Formaten helfen zudem die organisatorischen Hinweise aus dem Beitrag zur hybriden Versammlung, insbesondere zu TOP‑Texten, Protokollstringenz und Techniktests: Worauf ist bei einer hybriden Eigentümerversammlung zu achten?.

Sonderfragen: Sachverständige, getrennte Beschlüsse, Nachgenehmigung

Die Kernaussage des BGH betrifft nicht nur Anwälte, sondern gleichermaßen Sachverständige: Auch hier ist kein formaler Angebotswettbewerb vorgeschrieben; entscheidend ist die passgenaue Eignung. Für die GdWE bietet es sich an, einen einheitlichen „Professional‑Services‑Prozess“ zu etablieren: saubere Einladung, knapper Beschluss mit Auftragsziel, Budget und Berichtswesen, kurze Begründung der Auswahl und frühzeitige Liquiditätsplanung. Zulässig und empfehlenswert sind getrennte Abstimmungen über Mandat und Vergütung in derselben Sitzung; das schafft Transparenz und klare Mehrheitsverhältnisse.

Besonders praxisrelevant ist die Nachgenehmigung: Hat der Verwalter aus echter Eilbedürftigkeit kurzfristig beauftragt, kann die GdWE dieses Vorgehen in der nächsten Versammlung billigen, Budgetgrenzen setzen und Berichtspflichten definieren; die Maßnahme muss in Zweck, Umfang und Kosten angemessen sein und dem Maßstab ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Wo Präsenztermine scheitern, ist – vorbehaltlich der gesetzlichen Vorgaben – der Umlaufbeschluss ein valider Ausweg; der strukturierte Ablauf und die Dokumentationsanforderungen sind im genannten Leitfaden zum Umlaufbeschluss komprimiert dargestellt. Zur Vermeidung von Folgekosten empfiehlt sich ein enger Takt an Zwischenberichten, ein klarer Eskalationsmechanismus für Mehrbedarf und, je nach Streitwert, die Prüfung von Rechtsschutzlösungen, die das Gemeinschaftsbudget schonen. So verbindet die Gemeinschaft Handlungsfähigkeit mit demokratischer Kontrolle, ohne in administrativen Leerlauf zu geraten.

Muster‑Beschlussvorlage

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer [Bezeichnung, Adresse] beschließt:

  • Beauftragung: Die Kanzlei [Name, Sitz] wird mit der Beratung und, falls erforderlich, Prozessvertretung in der Angelegenheit [kurze Bezeichnung, zum Beispiel „Anfechtung des Beschlusses vom …, TOP …“] mandatiert.
  • Vergütung und Budget: Abrechnung nach RVG; ergänzend wird eine Budgetobergrenze von [Betrag] Euro netto festgelegt. Bei Erreichen von 80 Prozent des Budgets berichtet der Verwalter schriftlich; eine Budgeterhöhung bedarf eines Nachbeschlusses.
  • Befugnisse des Verwalters: Der Verwalter wird bevollmächtigt, Vollmacht zu erteilen, Fristen zu disponieren, Vergleichsverhandlungen zu führen und notwendige Verfahrenshandlungen vorzunehmen; vor einem verbindlichen Vergleich ist ein gesonderter Beschluss einzuholen.
  • Dokumentation: Der Verwalter legt der nächsten Versammlung einen Zwischenbericht mit Kostenstand, Verfahrensstatus und Handlungsempfehlung vor.
  • Eilfall/Nachgenehmigung: Soweit in der Sache bereits unaufschiebbare Schritte veranlasst wurden, genehmigt die GdWE diese hiermit nachträglich.

Fazit zum Thema

Die Entscheidung V ZR 76/24 verschiebt den Fokus von formalen Angebotszahlen hin zur materiellen Eignung der beauftragten Profis. Rechtssicher wird die Mandatierung durch eine präzise Einladung, einen klaren Beschluss, ein realistisches Budget mit Eskalationslogik, nachvollziehbare Auswahlgründe und saubere Aktenführung. Wer Professional‑Services (Anwälte, Gutachter) konsequent von Werkleistungen trennt, Umlauf‑ und Hybridformate rechtssicher nutzt und frühzeitig Liquidität plant, wahrt Handlungsfähigkeit, minimiert Streit‑ und Kostenrisiken und erhöht die Akzeptanz der Entscheidungen in der Gemeinschaft.

Der Vermögensbericht ist seit der WEG‑Reform 2020 Pflicht: Nach Ablauf jedes Kalenderjahres muss der Verwalter den Stand der Rücklagen und das wesentliche Gemeinschaftsvermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft (GdWE) offenlegen – und zwar für jeden Eigentümer zugänglich. Anders als die Jahresabrechnung dient er nicht der Beschlussfassung, sondern der Transparenz und Kontrolle: Eigentümer sollen sich „ein möglichst genaues Bild über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft“ machen können. Wird der Bericht nicht oder unzureichend vorgelegt, kann das sogar die Entlastung des Verwalters kippen. Im Beitrag finden Eigentümer und Verwalter: die gesetzliche Grundlage, einen präzisen Pflicht‑Inhaltskatalog (mit Beispielen), die Abgrenzung zur Jahresabrechnung, Zuständigkeit/Fristen/Form der Bereitstellung sowie konkrete Praxistipps – inklusive Hinweisen zu Datenschutz und typischen Fehlern.

Rechtsgrundlage & Zweck: Wofür ist der Vermögensbericht da?

Der Vermögensbericht ist in § 28 Abs. 4 WEG geregelt. Danach hat der Verwalter nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Bericht zu erstellen, der den Stand der Rücklagen (insbesondere Erhaltungsrücklage nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG) und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Jeder Eigentümer hat einen Anspruch darauf, dass ihm der Bericht zur Verfügung gestellt wird (etwa per Post, E‑Mail oder in einem zugangsbeschränkten Online‑Portal). Zweck laut Gesetzesbegründung: Informations‑ und Kontrollrecht der Eigentümer – ein möglichst genaues Bild über Liquidität, Rücklagen, Forderungen und Verbindlichkeiten der Gemeinschaft.

Praxisbeispiel 1: Die Gemeinschaft plant eine Dachsanierung. Der Vermögensbericht zeigt: Erhaltungsrücklage 185.000 €, fällige Forderungen 12.500 €, kurzfristige Verbindlichkeiten 46.000 € – Grundlage, um Nachschüsse oder Darlehen zu bewerten.


Praxisbeispiel 2: In einer kleinen WEG bestehen kaum Sachwerte, aber Hausgeldrückstände einzelner Eigentümer. Der Bericht macht diese betragsgenau sichtbar – der Beirat kann das Mahnwesen steuern.

MIV‑Praxistipp: Planen Sie die Jahresversammlung so, dass Vermögensbericht und Jahresabrechnung rechtzeitig bereitstehen – der Bericht dient als „Finanz‑Snapshot“ für Beschlüsse über Nach‑/Vorschüsse nach § 28 Abs. 2 WEG.

Pflichtinhalte im Detail: Was muss hinein?

Die Begründung zum WEMoG nennt einen verbindlichen Mindestkatalog (heute § 28 Abs. 4 WEG): auszuweisen sind Stand der Erhaltungsrücklage und weiterer beschlossener Rücklagen, außerdem eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens. Dieses umfasst insbesondere:

  • alle Forderungen der GdWE gegen einzelne Wohnungseigentümer (z. B. Hausgeldrückstände, offene Rücklagenanteile) und gegen Dritte (Versicherungen, Dienstleister),
  • alle Verbindlichkeiten (insb. Bankdarlehen, offene Handwerker‑/Versorgerrechnungen),
  • sonstige Vermögensgegenstände (z. B. Brennstoffvorräte, Werkzeuge). Geldforderungen und
  • verbindlichkeiten sind betragsmäßig anzugeben; Sachwerte werden benannt, nicht bewertet. Stichtag ist jeweils der Ablauf des Kalenderjahres. Unwesentliches kann entfallen.

Praxisbeispiel 1: Der Bericht listet je ET‑Nr. Hausgeldrückstände (Summe 9.430 €) und ein Lieferantendarlehen (Rest 22.000 €) – betragsgenau und stichtagsbezogen; Heizölbestand wird nur benannt.

Praxisbeispiel 2: Eine WEG mit Darlehen zur Fassadensanierung führt Tilgungs‑/Zinslasten als Verbindlichkeiten und weist zugleich die zweckgebundene Baurestzahlung als Forderung gegen die Versicherung aus.

MIV‑Praxistipp: Arbeiten Sie mit OP‑Listen (Forderungen/Verbindlichkeiten) per Stichtag 31.12. und fügen Sie eine knappe Liquiditätsübersicht (Bank‑/Kassenstände) an. Das erhöht Verständlichkeit ohne Bewertungspflicht.

Abgrenzung zur Jahresabrechnung – und Folgen bei Verstößen

Der Vermögensbericht ist kein Teil der Jahresabrechnung und nicht Beschlussgegenstand. Er ist ein eigenständiges Informationsinstrument; die Jahresabrechnung dient der Vorbereitung des Beschlusses über Nachschüsse/Vorschüsse (§ 28 Abs. 2 WEG). Die Form der Bereitstellung (z. B. E‑Mail, Post, Portal) ist gesetzlich offen; entscheidend ist, dass allen Eigentümern der Bericht zur Verfügung steht.

Rechtsprechung: Ohne ordnungsmäßigen Vermögensbericht keine Entlastung – das LG Frankfurt a. M. erklärte einen Entlastungsbeschluss für ungültig, weil der Bericht fehlte bzw. inhaltlich nicht genügte. Mindestinhalt: Forderungen, Verbindlichkeiten, wesentliche Vermögenswerte in einer Weise, die ein durchschnittlicher Eigentümer versteht. Separates Dokument, nicht bloß verstreute Belege. (Urteil vom 09.11.2023 – 2‑13 S 3/23, 2‑13 T 24/23).

Praxisbeispiel 1: In der Versammlung liegt nur die Abrechnung vor; der Vermögensbericht wurde nicht bereitgestellt. Der Entlastungsbeschluss ist anfechtbar

Praxisbeispiel 2: Der Bericht besteht aus unsortierten Kontoauszügen. Das genügt nicht – es fehlt die strukturierte Aufstellung.

MIV‑Praxistipp: Eigenständiges PDF mit Inhaltsverzeichnis (Rücklagen – Forderungen – Verbindlichkeiten – sonstige Vermögensgegenstände) versenden und im Portal ablegen; so vermeiden Sie Angriffsflächen.

Zuständigkeit, Zeitpunkt & Form: Wer, wann, wie?

Zuständig ist der amtierende Verwalter nach Jahresende; die Pflicht entsteht erst nach Ablauf des Kalenderjahres. Scheidet ein Verwalter vor Jahresende aus, schuldet er regelmäßig keinen „Rumpf‑Vermögensbericht“; zuständig ist der Verwalter im Amt nach 31.12. (LG Frankfurt a. M., Beschl. v. 06.01.2025 – 2‑13 S 109/24).

Zeitpunkt/Stichtag: Der Bericht bezieht sich auf den 31.12.; er ist nach Jahresende zu erstellen. Zur Form sagt § 28 Abs. 4 WEG nur „zur Verfügung stellen“. Zulässig sind Post, E‑Mail oder die Einstellung in ein geschütztes Online‑Portal; reine Vorlage „zur Einsicht“ in der Versammlung genügt nicht. Fehlt der Bericht oder ist er mangelhaft, hat jeder Eigentümer einen Anspruch gegen die Gemeinschaft auf Erst‑ bzw. Berichtigungsbereitstellung.

Praxisbeispiel 1: Verwalterwechsel am 01.10.2025 – die WEG verlangt den Vermögensbericht 2025 vom neuen Verwalter; der alte muss keinen Zwischenbericht liefern.

Praxisbeispiel 2: Der Bericht wird nur in der Versammlung „ausgelegt“. Eigentümer rügen die Form – zu Recht; es braucht aktiven Zugang (z. B. Versand/Portal).

MIV‑Praxistipp: Beschließen Sie standardisiert die Bereitstellungsform („PDF per E‑Mail + Portalablage bis 30.04.“). Das schafft Klarheit und Beweisbarkeit.

Umsetzung in der Praxis: Struktur, Transparenz & Datenschutz

Empfohlener Aufbau (kurz, prüffähig): 1) Deckblatt (Stichtag 31.12., Objekt, Zeitraum), 2) Rücklagenübersicht (Erhaltungs‑/weitere Rücklagen, Zuführungen/Entnahmen, Stand zum 31.12.), 3) Bank‑/Kassenstände, 4) Forderungen (gegliedert nach einzelnen Eigentümern und Dritten, z. B. Versicherungen), 5) Verbindlichkeiten (Bankdarlehen, offene Rechnungen), 6) sonstige Vermögensgegenstände (Brennstoffvorräte, Geräte), 7) Hinweis, dass Sachwerte nicht bewertet werden. Geldposten stets betragsgenau ausweisen.

Datenschutz: Die Benennung einzelner Hausgeldschuldner ist zulässig, weil der Gesetzgeber gerade Forderungen „gegen einzelne Wohnungseigentümer“ als Berichtsinhalte nennt; Zweck ist die Kontrolle der Vermögenslage. Gleichwohl sollten nur die erforderlichen Daten (Name, Einheit, Betrag, Stichtag) erscheinen.

Praxisbeispiel 1 (Transparenz): Kompakte OP‑Listen mit Spalten „Einheit/Name – Betrag – Fälligkeit – Mahnstufe“ ersetzen unübersichtliche Belegsammlungen.

Praxisbeispiel 2 (Qualitätssicherung): Interner Vier‑Augen‑Check (Sachbearbeitung/Beirat) vor Versand – Fokus auf stichtagsgerechte Salden und Vollständigkeit der Forderungen/Verbindlichkeiten.

MIV‑Praxistipp: Verankern Sie im Verwaltervertrag eine Dienstleistungsvereinbarung (z. B. „Vermögensbericht bis 30.06.; Form: PDF + Portal; Struktur nach Gliederung A–G“). Das reduziert Streit und erhöht Prüfgeschwindigkeit.

Fazit

Der Vermögensbericht ist das Finanz‑Dashboard der Gemeinschaft: gesetzlich verpflichtend, jährlich und jedem Eigentümer bereitzustellen. Inhaltlich gehören hinein: Rücklagenstand, alle Forderungen (insb. Hausgeldrückstände) und alle Verbindlichkeiten sowie sonstige Vermögensgegenstände – stichtagsbezogen und betragsgenau (nur Sachwerte ohne Bewertung). Er ist kein Beschlussgegenstand, aber Grundlage für fundierte Entscheidungen und die Entlastung: Fehlt er oder ist er mangelhaft, drohen Anfechtungen. Wer sauber strukturiert, klare Bereitstellungswege beschließt und Daten auf das Erforderliche begrenzt, erfüllt Recht und schafft Vertrauen.

Viele Gemeinschaften stehen im Oktober 2025 ohne beschlossene Hausgeldabrechnung 2024 da – mit Folgen für Liquidität, Nachschüsse und die Betriebskostenabrechnung vermieteter Einheiten. Rechtlich ist die Lage klarer, als es im Alltag wirkt: Nach Ablauf des Kalenderjahres muss der Verwalter eine Jahresabrechnung erstellen und die Eigentümer beschließen über Nachschüsse bzw. die Anpassung der Vorschüsse; zusätzlich schuldet der Verwalter einen Vermögensbericht für das abgelaufene Jahr. Die Versammlung muss mindestens einmal jährlich einberufen werden. Wer nach einem Verwalterwechsel abrechnungspflichtig ist, hat der BGH geklärt. Der Beitrag zeigt, welche Hebel Eigentümer und Verwalter jetzt haben – von Akteneinsicht über Einberufungsverlangen und gerichtliche Beschlussersetzung bis zur Fortgeltung des Wirtschaftsplans – und was Vermieter trotz fehlender WEG‑Abrechnung fristwahrend tun müssen.

Was rechtlich „fehlt“ – und wer abrechnen muss

Mit Ablauf des Kalenderjahres 2024 ist der Verwalter verpflichtet, die Jahresabrechnung aufzustellen; die Eigentümer beschließen hierüber nicht mehr in Gänze, sondern nur über die Einforderung von Nachschüssen bzw. die Anpassung der Vorschüsse („Abrechnungsspitze“). Zusätzlich ist ein Vermögensbericht zu erstellen und jedem Eigentümer zur Verfügung zu stellen. All dies folgt aus § 28 WEG. Die Versammlung ist mindestens einmal jährlich einzuberufen; die Einladungsfrist soll drei Wochen betragen (§ 24 WEG). In der Praxis bedeutet das: Auch wenn noch kein Beschluss gefasst ist, steht die Pflicht des Verwalters zur Erstellung der Unterlagen.

Kommt es zum Verwalterwechsel, trifft die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung grundsätzlich denjenigen Verwalter, der beim Entstehen der Abrechnungspflicht im Amt war. Der BGH hat dies mit Urteil vom 16.02.2018 – V ZR 89/17 herausgearbeitet – wichtig etwa, wenn der alte Verwalter Anfang 2025 ausschied. Praxisbeispiel: Wechsel im Januar 2025 – die Abrechnung 2024 muss (je nach Entstehenszeitpunkt der Pflicht) regelmäßig vom „Pflicht‑Verwalter“ erstellt werden; Untätigkeit kann zu Schadensersatz führen.

MIV‑Praxistipp: Prüfen Sie getrennt: Abrechnung und Vermögensbericht. Letzterer ist nach § 28 Abs. 4 WEG eigenständig geschuldet – und kann häufig schneller vorgelegt werden, um Transparenz zu schaffen.

Handlungsfähig bleiben: Einsichtsrechte und Zahlenbasis sichern

Auch ohne fertige Abrechnung sind Eigentümer nicht rechtlos: Jeder Eigentümer hat einen Anspruch auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen (§ 18 Abs. 4 WEG). Dazu zählen typischerweise die Bankkontoauszüge der WEG, Dienstleister‑/Ableseabrechnungen (Heizung/Wasser), Versicherungsnachweise und Beleglisten. In der Praxis wird die Einsicht auch digital gewährt; entscheidend ist, dass die tatsächliche Einsichtnahme ermöglicht wird.

Praxisbeispiel: Ein Eigentümer lässt sich die Kontoauszüge 01–12/2024 und die offenen Posten zeigen und erkennt eine Unterdeckung – Basis für einen eilbedürftigen Beschluss zu Nachschüssen.

MIV‑Praxistipp: Fordern Sie Einsicht terminiert (Datum, Uhrzeit) an und dokumentieren Sie fehlende Unterlagen. So bereiten Sie belastbare Beschlüsse (Weisung, Fristsetzung) oder – falls nötig – Haftungsfragen vor. Rechtsdogmatische Anknüpfungspunkte sind § 18 Abs. 4 WEG (Einsicht) und § 28 WEG (Rechnungslegung).

Versammlung verlangen – und nötigenfalls den Beschluss ersetzen lassen

Der Verwalter muss die Eigentümerversammlung mindestens jährlich einberufen; die Einladungsfrist soll mindestens drei Wochen betragen (§ 24 Abs. 1, 4 WEG). Eigentümer können eine Einberufung verlangen, wenn die Beschlussfassung – etwa über Nachschüsse nach § 28 Abs. 2 WEG – im Interesse der ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich ist. Kommt es trotz Verlangen nicht zur Einladung, eröffnet § 24 Abs. 3 WEG Lösungen: Fehlt ein Verwalter oder weigert sich dieser pflichtwidrig, kann der Beiratsvorsitzende einladen; außerdem kann ein Wohnungseigentümer durch Beschluss zur Einberufung ermächtigt werden.

Bleibt eine notwendige Beschlussfassung aus (z. B. Nachschüsse/Vorschussanpassung), kann das Amtsgericht auf Klage eines Eigentümers den fehlenden Beschluss ersetzen (§ 44 Abs. 1 S. 2 WEG – „Beschlussersetzung“). Praxisbeispiel: Trotz Verlangen keine Einladung – der Beiratsvorsitzende lädt nach § 24 Abs. 3 WEG ein; vorsorglich wird parallel Beschlussersetzung zu Nachschüssen beantragt, damit Liquidität gesichert wird, falls die Versammlung scheitert.

MIV‑Praxistipp: Legen Sie dem Einberufungsverlangen ausformulierte Beschlusstexte bei (Nachschüsse, Vorschussanpassung, Frist/Weisung an den Verwalter). Das erleichtert eine schnelle Fassung – und, falls nötig, die gerichtliche Ersetzung.

Vermietete Einheit: Miet‑BK‑Abrechnung fristwahrend – auch ohne WEG‑Beschluss

Für Vermieter mit Sondereigentum gilt das Mietrecht: Die Betriebskostenabrechnung muss dem Mieter spätestens bis 31.12.2025 zugehen (§ 556 Abs. 3 S. 2 BGB für den Abrechnungszeitraum 2024). Nach Fristablauf sind Nachforderungen grundsätzlich ausgeschlossen – es sei denn, der Vermieter hat die Verspätung nicht zu vertreten. Dass eine fehlende oder verspätete WEG‑Jahresabrechnung diese Frist nicht verlängert, hat der BGH ausdrücklich entschieden (VIII ZR 249/15, Urt. v. 25.01.2017; VIII ZR 50/16, Beschl. v. 14.03.2017). Konsequenz: Vermieter müssen trotz fehlenden WEG‑Beschlusses fristgerecht mit den verfügbaren Belegen abrechnen.

Praxisbeispiel: Die WEG hat noch nicht beschlossen. Der Vermieter nutzt die Einsicht in Verwaltungsunterlagen (§ 18 Abs. 4 WEG) und die Dienstleister‑Abrechnungen als Datenbasis, kennzeichnet nötige Schätzungen transparent und rechnet bis 31.12.2025 ab; etwaige Korrekturen werden nachgereicht, ohne die Jahresfrist zu reißen. MIV‑Praxistipp: Trennen Sie intern strikt zwischen WEG‑Rechnungslegung und Miet‑BK‑Abrechnung – so sichern Sie Forderungen und vermeiden Rechtsnachteile.

Wenn es hakt: Weisung, Abberufung – und Liquidität über Fortgeltungsbeschluss

Erteilt die Versammlung dem Verwalter eine Weisung zur Abrechnung mit Frist, bleibt Untätigkeit ein gravierender Pflichtverstoß (§ 27 WEG). In der Eskalation kommt die Abberufung in Betracht; seit WEMoG ist der Verwalter jederzeit abberufbar, der Verwaltervertrag endet spätestens sechs Monate nach Abberufung (§ 26 Abs. 3 WEG). Parallel sollte die Gemeinschaft die Liquidität sichern: Der BGH hat klargestellt, dass ein konkreter Wirtschaftsplan bis zum Beschluss über den nächsten fortgelten darf (Urteil vom 14.12.2018 – V ZR 2/18). Das schließt Finanzierungslücken, ohne die Pflicht zur jährlichen Planaufstellung zu beseitigen. Achtung: Ein genereller Fortgeltungsautomatismus für alle künftigen Pläne bedarf einer Vereinbarung (nicht bloß Beschluss, § 10 WEG).

Zur Anfechtung fehlerbehafteter Abrechnungsbeschlüsse hat der BGH (Urteil vom 20.09.2024 – V ZR 195/23) die Linie nach WEMoG geschärft: Maßgeblich ist die Abrechnungsspitze – nur zahlungsrelevante Fehler, die den Beschlussbetrag beeinflussen, tragen die Ungültigerklärung; formale Mängel des Zahlenwerks ohne Einfluss genügen nicht. Für die Praxis heißt das: Zügig über Nachschüsse/Vorschüsse beschließen, inhaltliche Korrekturen der Jahresabrechnung parallel einfordern. MIV‑Praxistipp: Kombinieren Sie Fortgeltungsbeschluss, Weisung mit Frist + Sanktionsmechanik und – falls nötig – Abberufung; bereiten Sie zugleich eine Beschlussersetzung vor, wenn essenzielle Beschlüsse blockiert werden.

Fazit

Fehlt die Hausgeldabrechnung 2024, bestehen klare Hebel: Einsicht und Vermögensbericht verschaffen Transparenz; die Versammlung lässt sich verlangen und bei Untätigkeit über § 44 WEG gerichtlich ersetzen. Für Vermieter gilt die harte Mietrechtsfrist 31.12.2025 – unabhängig vom WEG‑Beschluss. Wirtschaftlich stabilisiert ein Fortgeltungsbeschluss den Vorschussfluss, während Weisung und – als Ultima Ratio – Abberufung die Pflichten des Verwalters durchsetzen. Entscheidend ist, Recht (WEG/BGB) und Organisation konsequent zu verzahnen – damit Liquidität, Fristen und Rechtsklarheit gewahrt bleiben.

Beim Verkauf einer vermieteten Immobilie während des laufenden Abrechnungsjahres stellen sich viele Fragen – insbesondere zur Abrechnung der Betriebskosten. Muss der Verkäufer abrechnen, weil er während des Großteils des Jahres Eigentümer war? Oder liegt die Pflicht beim Käufer, weil er beim Ende des Abrechnungszeitraums Eigentümer ist? Diese Konstellation führt häufig zu Missverständnissen und rechtlichen Unsicherheiten – nicht nur für Käufer und Verkäufer, sondern auch für die betroffenen Mieter. In diesem Beitrag erklären wir die rechtlichen Hintergründe, zeigen anhand von Urteilen auf, wer wann verpflichtet ist – und geben Tipps für eine konfliktfreie Lösung.

Gesetzliche Grundlagen der Abrechnungspflicht

Grundlage für die Pflicht zur Betriebskostenabrechnung ist § 556 Abs. 3 BGB. Demnach muss der Vermieter innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums die Nebenkosten gegenüber dem Mieter abrechnen. Doch wer ist in diesem Fall der „Vermieter“ – der alte oder der neue Eigentümer?

Die zentrale gesetzliche Regelung trifft keine ausdrückliche Aussage darüber, wer bei einem Eigentümerwechsel in der Pflicht steht. Die Rechtsprechung hat jedoch klargestellt: Maßgeblich ist der Stand im Grundbuch zum Ende des Abrechnungsjahres. Das bedeutet: Auch wenn der Verkäufer den Großteil des Jahres Eigentümer war, ist in aller Regel der Käufer zur Abrechnung verpflichtet – und zwar auch gegenüber dem Mieter, der meist keine Kenntnis vom Eigentümerwechsel hat. Die Abrechnungspflicht geht damit kraft Gesetzes auf den neuen Eigentümer über. Dies wurde durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.09.2000 (Az. III ZR 211/99) ausdrücklich bestätigt.

Wer muss die Betriebskostenabrechnung erstellen?

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der neue Eigentümer zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung verpflichtet, wenn er zum Ende des Abrechnungsjahres im Grundbuch eingetragen ist. Das bedeutet, dass der Erwerber auch dann die Abrechnung vornehmen muss, wenn der Verkäufer den Großteil des Jahres Eigentümer war. Entscheidend ist die Eigentümerstellung am 31. Dezember des Abrechnungsjahres. Diese Pflicht ergibt sich unmittelbar aus dem Mietrecht (§ 566 BGB i. V. m. § 556 Abs. 3 BGB).

Im Urteil des BGH vom 14.09.2000 (Az. III ZR 211/99) wurde klargestellt, dass der Käufer in die mietvertraglichen Verpflichtungen eintritt und daher zur Abrechnung verpflichtet ist – unabhängig von der tatsächlichen Dauer seines Eigentums im Abrechnungsjahr.

Sonderfall: Abrechnungszeitraum endet vor Eigentumsübergang

Anders liegt der Fall, wenn der Eigentumswechsel nach dem Abrechnungszeitraum erfolgt. In solchen Fällen bleibt die Abrechnungspflicht beim bisherigen Eigentümer, da dieser zum maßgeblichen Stichtag Vermieter war.

Diese Rechtsauffassung wurde durch den Bundesgerichtshof im Urteil vom 29.09.2004 (Az. XII ZR 148/02) bestätigt. Der BGH stellte fest, dass der bisherige Eigentümer verpflichtet ist, die Betriebskosten für das Jahr abzurechnen, in dem er am Ende des Zeitraums als Vermieter galt – auch wenn die Immobilie kurz danach verkauft wurde.

Käufer haftet unabhängig von interner Regelung

Besonders praxisrelevant ist die Frage, wie interne Vereinbarungen im Kaufvertrag zu bewerten sind. Selbst wenn dort festgelegt wurde, dass der Verkäufer die Abrechnung erstellen soll, ist der Erwerber zur Abrechnung gegenüber dem Mieter verpflichtet.

Das OLG Düsseldorf hat dies im Urteil vom 03.03.1995 (Az. 10 U 90/94) klar festgestellt. Danach kann der Mieter seine Rechte ausschließlich gegenüber dem aktuellen Eigentümer geltend machen – interne Absprachen zwischen Käufer und Verkäufer entfalten keine Außenwirkung gegenüber dem Mieter.

Diese Rechtsprechung dient dem Mieterschutz und sorgt dafür, dass für den Mieter klar erkennbar ist, wer sein Ansprechpartner ist. Der Erwerber sollte daher vertraglich regeln, dass der Verkäufer die notwendigen Unterlagen übergibt und ggf. den Aufwand für die Abrechnung entschädigt.

Betriebskostenabrechnung vs. WEG-Abrechnung

Zu unterscheiden ist zwischen der Betriebskostenabrechnung gegenüber dem Mieter und der Hausgeldabrechnung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG).

Die Hausgeldabrechnung wird vom Verwalter für die Eigentümer erstellt. Dabei erfolgt die Verteilung der Kosten des Gemeinschaftseigentums auf Basis des geltenden Verteilungsschlüssels. Bei einem Eigentumswechsel während des Abrechnungsjahres ist für die interne Abrechnung in der Regel der Zeitraum der tatsächlichen Nutzung maßgeblich, weshalb oft zwischen Käufer und Verkäufer eine Aufteilung nach Monaten vereinbart wird.

Im Gegensatz dazu richtet sich die Betriebskostenabrechnung nach dem Mietrecht. Maßgeblich ist ausschließlich der Eigentümerstand zum 31.12., wie es das Urteil des BGH vom 14.09.2000 (Az. III ZR 211/99) ausdrücklich betont. Käufer und Verkäufer müssen daher intern eine klare Regelung über die anteilige Verteilung der bereits geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen treffen, um Streitigkeiten zu vermeiden.

Expertentipp der Mülheimer Immobilienverwaltung (MIV)

Als erfahrene WEG- und Mietverwaltung erleben wir häufig, dass die Betriebskostenabrechnung bei unterjährigem Eigentumswechsel zur Konfliktquelle wird – insbesondere dann, wenn die Übergabe zwischen Käufer und Verkäufer nicht ordentlich dokumentiert wurde.

Unser Tipp: Klären Sie im Kaufvertrag eindeutig, wer dem Mieter gegenüber abrechnet, und stellen Sie sicher, dass der Käufer sämtliche Abrechnungsunterlagen, Vorauszahlungsnachweise, Belege und Zählerstände erhält. Sorgen Sie außerdem dafür, dass eine Rückabwicklung bei etwaigen Nachzahlungen geregelt ist. In unserer Praxis übernehmen wir die Abstimmung zwischen Alt- und Neueigentümer und entlasten unsere Kunden mit rechtssicheren Übergabeprotokollen.

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Fazit: Abrechnungspflicht liegt fast immer beim neuen Eigentümer

Auch bei einem unterjährigen Immobilienverkauf muss in der Regel der Käufer die Betriebskosten gegenüber dem Mieter abrechnen – unabhängig davon, ob er alle Kosten getragen hat. Verkäufer sollten frühzeitig alle relevanten Unterlagen übergeben, um dem Erwerber die Abrechnung zu ermöglichen. Ohne klare Regelungen im Kaufvertrag drohen unnötige Konflikte, insbesondere wenn Fristen verpasst werden.

Die Urteile des BGH (III ZR 211/99 und XII ZR 148/02) sowie des OLG Düsseldorf (10 U 90/94) geben dabei eine klare rechtliche Orientierung, wer wann zur Abrechnung verpflichtet ist. Wer gut vorbereitet ist und rechtzeitig kommuniziert, kann rechtliche Auseinandersetzungen vermeiden und ein transparentes Mietverhältnis sicherstellen.

Der WEG-Verwalter übernimmt eine zentrale Rolle in der Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Informationspflicht gegenüber den Eigentümern. Transparenz und regelmäßige Berichterstattung sind essenziell, um Streitigkeiten zu vermeiden und eine effektive Verwaltung sicherzustellen. Doch welche Informationen muss der Verwalter bereitstellen, in welchem Umfang und in welchen Fristen? Dieser Beitrag gibt einen umfassenden Überblick über die gesetzlichen Grundlagen, praxisnahe Anforderungen und relevante Urteile.

Gesetzliche Grundlagen der Informationspflichten

Die Informationspflichten des WEG-Verwalters sind insbesondere im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) sowie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert:

  • § 27 WEG – Aufgaben und Befugnisse des Verwalters: Der Verwalter ist verpflichtet, die Eigentümer über alle Angelegenheiten zu informieren, die die Gemeinschaft betreffen. Dazu gehören insbesondere finanzielle, organisatorische und rechtliche Themen.
  • § 666 BGB – Auskunftspflicht bei Geschäftsbesorgung: Der Verwalter muss der Eigentümergemeinschaft jederzeit Auskunft über seine Tätigkeit erteilen und Rechenschaft über finanzielle und administrative Entscheidungen ablegen.
  • § 24 WEG – Einberufung der Eigentümerversammlung: Der Verwalter hat sicherzustellen, dass alle Eigentümer mindestens einmal jährlich zur Eigentümerversammlung eingeladen werden und eine vollständige Tagesordnung erhalten.

Praxisbeispiel:
Ein Verwalter hatte einen langfristigen Vertrag mit einer externen Hausmeisterfirma abgeschlossen, ohne die Eigentümer darüber zu informieren. Das BGH-Urteil vom 11. Mai 2012 – V ZR 193/11 entschied, dass der Verwalter verpflichtet ist, die Wohnungseigentümer über wichtige Angelegenheiten unverzüglich zu informieren, insbesondere wenn diese für die Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft von Bedeutung sind. Eine unterlassene Information kann zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen und sogar zu Schadensersatzansprüchen führen.

Konkrete Informationspflichten des WEG-Verwalters

Die Informationspflichten des Verwalters betreffen verschiedene Bereiche der Verwaltungstätigkeit. Dabei muss der Verwalter nicht nur regelmäßig, sondern auch anlassbezogen informieren.

Regelmäßige Informationspflichten

Diese Informationen müssen turnusmäßig bereitgestellt werden:

  • Einberufung der Eigentümerversammlung: Mindestens einmal jährlich muss der Verwalter eine Versammlung einberufen und die Eigentümer über alle anstehenden Themen informieren (§ 24 WEG).
  • Mitteilung von Beschlüssen: Nach jeder Eigentümerversammlung müssen die gefassten Beschlüsse den Eigentümern bekannt gegeben und rechtssicher dokumentiert werden.
  • Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan: Der Verwalter ist verpflichtet, die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan rechtzeitig zur Abstimmung vorzulegen. Dabei sind alle Positionen nachvollziehbar aufzuschlüsseln.
  • Information über finanzielle Situation: Der Kontostand der WEG, offene Forderungen oder Zahlungsrückstände von Eigentümern müssen den Eigentümern transparent gemacht werden.

Praxisbeispiel:
Ein Eigentümer konnte nicht an einer Versammlung teilnehmen und verlangte Einsicht in die gefassten Beschlüsse. Der Verwalter verweigerte die Herausgabe der Protokolle. Das OLG München, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 34 Wx 419/12, stellte jedoch klar, dass Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen haben und der Verwalter diese nicht verweigern darf.

Anfallende Informationspflichten bei besonderen Ereignissen

Bestimmte Ereignisse erfordern eine zeitnahe Information der Eigentümer:

  • Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen: Eigentümer müssen über geplante oder akute Maßnahmen informiert werden, insbesondere über Kosten, Zeitrahmen und Handlungsalternativen.
  • Rechtsstreitigkeiten und juristische Auseinandersetzungen: Der Verwalter muss die Eigentümer über laufende Gerichtsverfahren informieren, die die Gemeinschaft betreffen.
  • Versicherungsfälle: Schäden am Gemeinschaftseigentum müssen unverzüglich gemeldet werden. Die Eigentümer müssen über den Verlauf der Schadensregulierung informiert werden.

Praxisbeispiel:
Eine WEG wurde in einen Rechtsstreit über fehlerhafte Abrechnungen verwickelt, aber der Verwalter informierte die Eigentümer nicht. Das AG München, Urteil vom 17. August 2018 – 481 C 27515/17, entschied, dass eine wiederholte Weigerung, Informationen bereitzustellen, eine Abberufung des Verwalters rechtfertigen kann.

Individuelle Auskunftspflichten gegenüber Eigentümern

Jeder Eigentümer hat das Recht, Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu nehmen. Dazu gehören:

  • Kontobewegungen und Kontoauszüge der WEG
  • Verträge mit Dienstleistern (z. B. Hausmeister, Reinigungsdienste)
  • Versicherungsverträge und Schadensmeldungen
  • Protokolle der Eigentümerversammlungen

Umfang und Grenzen der Informationspflicht

Während der WEG-Verwalter verpflichtet ist, umfassend zu informieren, gibt es auch rechtliche Grenzen:

  • Kein Anspruch auf Einzelinformationen: Der Verwalter muss nicht jedem Eigentümer individuell jede Verwaltungshandlung erläutern, wenn die Informationen allgemein zugänglich sind (z. B. Protokolle, Abrechnungen).
  • Datenschutz und Persönlichkeitsrechte: Informationen über einzelne Eigentümer (z. B. Mahnungen, individuelle Zahlungsrückstände) dürfen nicht an andere Miteigentümer weitergegeben werden.
  • Zumutbarkeit der Informationsanforderung: Verlangt ein Eigentümer übermäßig viele Detailinformationen, kann der Verwalter eine Gebühr für zusätzlichen Verwaltungsaufwand verlangen (§ 675 BGB).

Praxisbeispiel: Fehlerhafte Kommunikation und ihre Folgen

Ein WEG-Verwalter versäumt es, die Eigentümer über ein laufendes Gerichtsverfahren zur Rückzahlung überhöhter Hausgelder zu informieren. Einige Eigentümer erfahren erst aus der Presse von dem Fall und sind empört. Die Gemeinschaft leitet daraufhin ein Verfahren zur Abberufung des Verwalters ein und verklagt ihn auf Schadensersatz.

Lösung: Eine frühzeitige, transparente Information hätte den Konflikt vermieden. Ein regelmäßiges Rundschreiben an die Eigentümer oder ein Online-Portal zur Einsicht in wichtige Dokumente können eine effektive Informationspolitik unterstützen.

Expertentipp von der Mülheimer Immobilienverwaltung (MIV)

Als professionelle WEG-Verwaltung legen wir großen Wert auf eine transparente und strukturierte Informationspolitik. Unser Ziel ist es, Eigentümer frühzeitig über alle wichtigen Entwicklungen zu informieren und Missverständnisse zu vermeiden.

Unser Tipp:
Viele Streitigkeiten entstehen durch mangelnde Kommunikation. Wir empfehlen WEGs, auf digitale Lösungen wie Online-Verwalterportale zu setzen. Diese ermöglichen Eigentümern einen schnellen Zugriff auf Dokumente, Beschlüsse und Abrechnungen, ohne dass der Verwalter mit individuellen Anfragen belastet wird.

Fazit: Transparente Kommunikation als Schlüssel zu einer erfolgreichen WEG-Verwaltung

Die Informationspflichten des WEG-Verwalters sind ein entscheidender Faktor für das Vertrauen und die Zufriedenheit der Eigentümergemeinschaft. Eine lückenhafte oder verzögerte Kommunikation kann zu rechtlichen Konsequenzen und Misstrauen führen. Daher sollten Verwalter frühzeitig, umfassend und strukturiert über alle wesentlichen Themen informieren.

In der Praxis zeigt sich, dass eine gut organisierte Informationspolitik nicht nur Konflikte vermeidet, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen Verwalter und Eigentümern erheblich verbessert.

Ein Wintergarten kann eine wertvolle Erweiterung einer Wohnung sein, doch in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) stellt sich die Frage, ob er dem Sondereigentum oder dem Gemeinschaftseigentum zugeordnet wird. Die Antwort darauf beeinflusst die Zuständigkeit für Wartung, Reparaturen und Kosten. Während viele Eigentümer davon ausgehen, dass der Wintergarten automatisch ihr Eigentum ist, sieht die gesetzliche Regelung oft anders aus. In diesem Artikel beleuchten wir die rechtlichen Grundlagen, relevante Gerichtsurteile und typische Praxisfälle, um Eigentümern mehr Klarheit zu verschaffen.

Rechtliche Grundlagen: Was bestimmt das Wohnungseigentumsgesetz (WEG)?

Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) unterscheidet zwischen Sondereigentum (§ 5 WEG) und Gemeinschaftseigentum (§ 1 Abs. 5 WEG). Die Zuordnung eines Wintergartens hängt von mehreren Faktoren ab:

Die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung können eine spezielle Regelung für Wintergärten enthalten. Falls keine eindeutige Regelung vorhanden ist, sind Streitigkeiten innerhalb der WEG häufig vorprogrammiert.

Wintergarten als Gemeinschaftseigentum

Ein Wintergarten zählt in vielen Fällen zum Gemeinschaftseigentum, wenn er fest mit der Gebäudestruktur verbunden ist. Dies betrifft insbesondere:

  • Tragende Konstruktionen wie Stahlträger oder Holzrahmen, die mit dem Hauptgebäude verbunden sind.
  • Die Dachkonstruktion des Wintergartens, wenn sie die Statik des Gesamtgebäudes beeinflusst.
  • Außenfenster und Glasflächen, wenn sie das Erscheinungsbild der Fassade bestimmen.
  • Die Entwässerung des Wintergartens, falls diese in das gemeinschaftliche Regenwassersystem integriert ist.

Relevante Gerichtsurteile zum Gemeinschaftseigentum:

  • OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4. November 2005 – I-3 Wx 92/05: Ein Wintergarten, der fest mit einer Terrasse verbunden ist und die Außenansicht des Gebäudes maßgeblich verändert, gehört zwingend zum Gemeinschaftseigentum.
  • BGH, Urteil vom 2. März 2012 – V ZR 174/11: Der Bundesgerichtshof bestätigte, dass Außenfassaden grundsätzlich Gemeinschaftseigentum sind. Da Wintergärten oft in die Fassade integriert sind, fallen sie in vielen Fällen ebenfalls darunter.

Folgen für Eigentümer bei Gemeinschaftseigentum:

  • Instandhaltung und Reparatur müssen von der WEG organisiert und finanziert werden.
  • Bauliche Veränderungen wie der Umbau oder die Verglasung eines offenen Balkons bedürfen der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft.
  • Kosten werden gemeinschaftlich getragen, sofern keine Sonderregelung besteht.

Wintergarten als Sondereigentum

Ein Wintergarten kann als Sondereigentum gelten, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Er liegt vollständig innerhalb der Wohneinheit und greift nicht in das Gemeinschaftseigentum ein.
  • Er verändert keine tragenden Strukturen des Gebäudes oder beeinträchtigt nicht das äußere Erscheinungsbild.
  • Die Teilungserklärung legt ausdrücklich fest, dass Wintergärten als Sondereigentum gelten.

Relevante Gerichtsurteile zum Sondereigentum:

  • LG Düsseldorf, Urteil vom 8. März 2005 – 25 T 794/04: Ein Wintergarten, der innerhalb der Wohneinheit liegt und keine statischen oder optischen Veränderungen am Gebäude verursacht, gilt als Sondereigentum.

Folgen für Eigentümer bei Sondereigentum:

  • Der Eigentümer trägt allein die Kosten für Wartung, Instandhaltung und Reparaturen.
  • Er darf Veränderungen am Wintergarten eigenständig vornehmen, sofern keine Gemeinschaftsinteressen betroffen sind.
  • Eine Zustimmung der WEG ist nicht erforderlich, solange das Gemeinschaftseigentum nicht beeinträchtigt wird.

Sonderfall: Änderung der Eigentumszuordnung eines Wintergartens

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann der Eigentumsstatus eines Wintergartens nicht durch Mehrheitsbeschluss geändert werden, wenn er ursprünglich als Gemeinschaftseigentum in der Teilungserklärung ausgewiesen ist. Da eine Änderung der Teilungserklärung erforderlich ist, ist hierfür die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich (§ 16 Abs. 2 WEG).

Wann ist eine Änderung der Teilungserklärung notwendig?

Eine Änderung ist dann erforderlich, wenn:

  • der Wintergarten ursprünglich als Gemeinschaftseigentum deklariert wurde und in Sondereigentum überführt werden soll,
  • bauliche Maßnahmen notwendig sind, die das Gemeinschaftseigentum betreffen,
  • eine dauerhafte Änderung der Eigentumsverhältnisse geplant ist.

Da eine Änderung der Teilungserklärung eine wesentliche Eigentumsveränderung darstellt, kann sie nur mit 100 % Zustimmung aller Eigentümer umgesetzt werden. Eine einfache oder qualifizierte Mehrheit reicht nicht aus.

Praxisbeispiel:

Ein Eigentümer beantragt, dass sein Wintergarten, der ursprünglich als Gemeinschaftseigentum gilt, seinem Sondereigentum zugewiesen wird. Die übrigen Eigentümer befürchten jedoch, dass dies zukünftige bauliche Änderungen und eine Verantwortungsverschiebung mit sich bringt. Da eine Änderung der Teilungserklärung notwendig ist, kann die Umwidmung nur erfolgen, wenn alle Eigentümer zustimmen. Ein Mehrheitsbeschluss würde hier rechtlich nicht ausreichen.

Keine Umwandlung durch Mehrheitsbeschluss

Häufig wird fälschlicherweise angenommen, dass eine Mehrheitsentscheidung innerhalb einer Eigentümerversammlung ausreicht, um einen Wintergarten in das Sondereigentum eines einzelnen Eigentümers zu übertragen. Dies ist nicht korrekt. Ohne eine einstimmige Zustimmung bleibt der Wintergarten weiterhin Gemeinschaftseigentum.

Wichtiger Hinweis:
Ein Eigentümer kann nicht eigenmächtig eine Änderung der Eigentumsverhältnisse herbeiführen, indem er sich allein zur Instandhaltung verpflichtet. Selbst wenn die übrigen Eigentümer sich bereit erklären, ihn für sämtliche Reparaturen in die Pflicht zu nehmen, bleibt der Wintergarten dennoch Gemeinschaftseigentum, solange die Teilungserklärung nicht einstimmig geändert wird.

Expertentipp von der Mülheimer Immobilienverwaltung (MIV)

Als professionelle WEG-Verwaltung helfen wir Eigentümern dabei, Unklarheiten über die Zuordnung von Wintergärten zu vermeiden. Frühzeitige Regelungen und rechtssichere Beschlüsse beugen Streitigkeiten vor.

Unser Tipp:

  • Prüfen Sie die Teilungserklärung genau!
  • Bei Unklarheiten sollte die Eigentümergemeinschaft eine rechtssichere Entscheidung treffen, um Streitigkeiten zu vermeiden.

Fazit – Klare Regelungen sind entscheidend

Ob ein Wintergarten Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum ist, hängt maßgeblich von seiner Konstruktion, der Teilungserklärung und baulichen Auswirkungen ab.

  • Gemeinschaftseigentum liegt vor, wenn tragende Strukturen, Fassade oder gemeinschaftliche Systeme betroffen sind.
  • Sondereigentum ist möglich, wenn der Wintergarten ausschließlich innerhalb der Wohneinheit liegt und keine Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum erfolgen.
  • Eine klare Regelung in der Teilungserklärung und rechtssichere Beschlüsse vermeiden Streitigkeiten.