Wintergarten in der WEG: Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum?
Ein Wintergarten kann eine wertvolle Erweiterung einer Wohnung sein, doch in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) stellt sich die Frage, ob er dem Sondereigentum oder dem Gemeinschaftseigentum zugeordnet wird. Die Antwort darauf beeinflusst die Zuständigkeit für Wartung, Reparaturen und Kosten. Während viele Eigentümer davon ausgehen, dass der Wintergarten automatisch ihr Eigentum ist, sieht die gesetzliche Regelung oft anders aus. In diesem Artikel beleuchten wir die rechtlichen Grundlagen, relevante Gerichtsurteile und typische Praxisfälle, um Eigentümern mehr Klarheit zu verschaffen.
Rechtliche Grundlagen: Was bestimmt das Wohnungseigentumsgesetz (WEG)?
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) unterscheidet zwischen Sondereigentum (§ 5 WEG) und Gemeinschaftseigentum (§ 1 Abs. 5 WEG). Die Zuordnung eines Wintergartens hängt von mehreren Faktoren ab:
- Sondereigentum gehört einem einzelnen Eigentümer und betrifft Räume und Bestandteile, die ohne Einfluss auf das Gemeinschaftseigentum verändert oder entfernt werden können.
- Gemeinschaftseigentum betrifft alle Gebäudeteile, die für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes notwendig sind oder mehreren Eigentümern gemeinschaftlich gehören.
Die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung können eine spezielle Regelung für Wintergärten enthalten. Falls keine eindeutige Regelung vorhanden ist, sind Streitigkeiten innerhalb der WEG häufig vorprogrammiert.
Wintergarten als Gemeinschaftseigentum
Ein Wintergarten zählt in vielen Fällen zum Gemeinschaftseigentum, wenn er fest mit der Gebäudestruktur verbunden ist. Dies betrifft insbesondere:
- Tragende Konstruktionen wie Stahlträger oder Holzrahmen, die mit dem Hauptgebäude verbunden sind.
- Die Dachkonstruktion des Wintergartens, wenn sie die Statik des Gesamtgebäudes beeinflusst.
- Außenfenster und Glasflächen, wenn sie das Erscheinungsbild der Fassade bestimmen.
- Die Entwässerung des Wintergartens, falls diese in das gemeinschaftliche Regenwassersystem integriert ist.
Relevante Gerichtsurteile zum Gemeinschaftseigentum:
- OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4. November 2005 – I-3 Wx 92/05: Ein Wintergarten, der fest mit einer Terrasse verbunden ist und die Außenansicht des Gebäudes maßgeblich verändert, gehört zwingend zum Gemeinschaftseigentum.
- BGH, Urteil vom 2. März 2012 – V ZR 174/11: Der Bundesgerichtshof bestätigte, dass Außenfassaden grundsätzlich Gemeinschaftseigentum sind. Da Wintergärten oft in die Fassade integriert sind, fallen sie in vielen Fällen ebenfalls darunter.
Folgen für Eigentümer bei Gemeinschaftseigentum:
- Instandhaltung und Reparatur müssen von der WEG organisiert und finanziert werden.
- Bauliche Veränderungen wie der Umbau oder die Verglasung eines offenen Balkons bedürfen der Zustimmung der Eigentümergemeinschaft.
- Kosten werden gemeinschaftlich getragen, sofern keine Sonderregelung besteht.
Wintergarten als Sondereigentum
Ein Wintergarten kann als Sondereigentum gelten, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Er liegt vollständig innerhalb der Wohneinheit und greift nicht in das Gemeinschaftseigentum ein.
- Er verändert keine tragenden Strukturen des Gebäudes oder beeinträchtigt nicht das äußere Erscheinungsbild.
- Die Teilungserklärung legt ausdrücklich fest, dass Wintergärten als Sondereigentum gelten.
Relevante Gerichtsurteile zum Sondereigentum:
- LG Düsseldorf, Urteil vom 8. März 2005 – 25 T 794/04: Ein Wintergarten, der innerhalb der Wohneinheit liegt und keine statischen oder optischen Veränderungen am Gebäude verursacht, gilt als Sondereigentum.
- LG Berlin, Urteil vom 5. Juli 2018 – 55 S 104/17: Ein Eigentümer baute einen Wintergarten auf seinem Balkon, ohne tragende Strukturen zu verändern. Das Gericht erkannte ihn als Sondereigentum an.
Folgen für Eigentümer bei Sondereigentum:
- Der Eigentümer trägt allein die Kosten für Wartung, Instandhaltung und Reparaturen.
- Er darf Veränderungen am Wintergarten eigenständig vornehmen, sofern keine Gemeinschaftsinteressen betroffen sind.
- Eine Zustimmung der WEG ist nicht erforderlich, solange das Gemeinschaftseigentum nicht beeinträchtigt wird.
Sonderfall: Änderung der Eigentumszuordnung eines Wintergartens
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann der Eigentumsstatus eines Wintergartens nicht durch Mehrheitsbeschluss geändert werden, wenn er ursprünglich als Gemeinschaftseigentum in der Teilungserklärung ausgewiesen ist. Da eine Änderung der Teilungserklärung erforderlich ist, ist hierfür die Zustimmung aller Eigentümer erforderlich (§ 16 Abs. 2 WEG).
Wann ist eine Änderung der Teilungserklärung notwendig?
Eine Änderung ist dann erforderlich, wenn:
- der Wintergarten ursprünglich als Gemeinschaftseigentum deklariert wurde und in Sondereigentum überführt werden soll,
- bauliche Maßnahmen notwendig sind, die das Gemeinschaftseigentum betreffen,
- eine dauerhafte Änderung der Eigentumsverhältnisse geplant ist.
Da eine Änderung der Teilungserklärung eine wesentliche Eigentumsveränderung darstellt, kann sie nur mit 100 % Zustimmung aller Eigentümer umgesetzt werden. Eine einfache oder qualifizierte Mehrheit reicht nicht aus.
Praxisbeispiel:
Ein Eigentümer beantragt, dass sein Wintergarten, der ursprünglich als Gemeinschaftseigentum gilt, seinem Sondereigentum zugewiesen wird. Die übrigen Eigentümer befürchten jedoch, dass dies zukünftige bauliche Änderungen und eine Verantwortungsverschiebung mit sich bringt. Da eine Änderung der Teilungserklärung notwendig ist, kann die Umwidmung nur erfolgen, wenn alle Eigentümer zustimmen. Ein Mehrheitsbeschluss würde hier rechtlich nicht ausreichen.
Keine Umwandlung durch Mehrheitsbeschluss
Häufig wird fälschlicherweise angenommen, dass eine Mehrheitsentscheidung innerhalb einer Eigentümerversammlung ausreicht, um einen Wintergarten in das Sondereigentum eines einzelnen Eigentümers zu übertragen. Dies ist nicht korrekt. Ohne eine einstimmige Zustimmung bleibt der Wintergarten weiterhin Gemeinschaftseigentum.
Wichtiger Hinweis:
Ein Eigentümer kann nicht eigenmächtig eine Änderung der Eigentumsverhältnisse herbeiführen, indem er sich allein zur Instandhaltung verpflichtet. Selbst wenn die übrigen Eigentümer sich bereit erklären, ihn für sämtliche Reparaturen in die Pflicht zu nehmen, bleibt der Wintergarten dennoch Gemeinschaftseigentum, solange die Teilungserklärung nicht einstimmig geändert wird.
Expertentipp von der Mülheimer Immobilienverwaltung (MIV)
Als professionelle WEG-Verwaltung helfen wir Eigentümern dabei, Unklarheiten über die Zuordnung von Wintergärten zu vermeiden. Frühzeitige Regelungen und rechtssichere Beschlüsse beugen Streitigkeiten vor.
Unser Tipp:
- Prüfen Sie die Teilungserklärung genau!
- Bei Unklarheiten sollte die Eigentümergemeinschaft eine rechtssichere Entscheidung treffen, um Streitigkeiten zu vermeiden.
Fazit – Klare Regelungen sind entscheidend
Ob ein Wintergarten Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum ist, hängt maßgeblich von seiner Konstruktion, der Teilungserklärung und baulichen Auswirkungen ab.
- Gemeinschaftseigentum liegt vor, wenn tragende Strukturen, Fassade oder gemeinschaftliche Systeme betroffen sind.
- Sondereigentum ist möglich, wenn der Wintergarten ausschließlich innerhalb der Wohneinheit liegt und keine Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum erfolgen.
- Eine klare Regelung in der Teilungserklärung und rechtssichere Beschlüsse vermeiden Streitigkeiten.