WEG Reform 2020 – Was hat sich für Eigentümer und Verwalter geändert?
Mit der WEG-Reform 2020 wurde das Wohnungseigentumsgesetz umfassend modernisiert, um den Anforderungen heutiger Wohnungseigentümergemeinschaften besser gerecht zu werden. Ziel der Reform war es, die Verwaltung von Gemeinschaftseigentum effizienter zu gestalten, Entscheidungsprozesse zu vereinfachen und neue Möglichkeiten für bauliche Maßnahmen und digitale Abstimmungen zu schaffen. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Änderungen Eigentümer und Verwalter besonders betreffen und wie sie praktisch umgesetzt werden können.
Hintergrund und Ziele der Reform
Die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes wurde notwendig, um veraltete Strukturen an die modernen Bedürfnisse von Wohnungseigentümern anzupassen. Insbesondere die steigenden Anforderungen an Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit und Digitalisierung sowie der Wunsch nach mehr Flexibilität in Entscheidungsprozessen spielten eine zentrale Rolle. Der Gesetzgeber wollte durch die Änderungen eine klare Abgrenzung der Rechte und Pflichten von Eigentümern und Verwaltern schaffen und Konflikte innerhalb von Gemeinschaften minimieren.
Wesentliche Änderungen für Eigentümer
- Erleichterung baulicher Veränderungen: Eigentümer können seit der Reform mit einfacher Mehrheit über bauliche Veränderungen entscheiden, sofern diese nicht grundlegend in die Substanz des Gemeinschaftseigentums eingreifen. Dies betrifft insbesondere Maßnahmen wie den Einbau von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder die Installation barrierefreier Zugänge (BGH, Urteil vom 22. März 2024 – V ZR 81/23).
- Rechte bei Kostenverteilung: Die Reform ermöglicht es, abweichende Verteilungsschlüssel für bestimmte Maßnahmen zu beschließen. Ein Beispiel ist die unterschiedliche Belastung der Eigentümer bei Erhaltungsmaßnahmen (BGH, Urteil vom 22. März 2024 – V ZR 87/23).
- Digitalisierung der Beschlussfassung: Eigentümer können nun digitale Beschlüsse fassen, was insbesondere bei virtuellen Versammlungen von Vorteil ist. Die Grundlage hierfür bildet § 23 Abs. 1 WEG, der seit der Reform ausdrücklich die Möglichkeit von Online-Beschlüssen vorsieht. Diese können beispielsweise per Videokonferenz oder über gesicherte Abstimmungsplattformen gefasst werden. Ein praktisches Beispiel: Die Eigentümerversammlung entscheidet über die Beauftragung einer Dachreparatur. Dank der digitalen Abstimmung können auch Eigentümer, die nicht vor Ort sind, zeitnah teilnehmen und ihre Stimme abgeben. Voraussetzung ist jedoch, dass die technischen Systeme den Datenschutz und die Nachvollziehbarkeit gewährleisten.
Neue Regelungen für Verwalter
- Erweiterte Befugnisse: Verwalter erhielten durch die Reform weitreichendere Kompetenzen. Sie können Entscheidungen in laufenden Verwaltungsangelegenheiten selbstständig treffen, sofern dies der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht (§ 27 Abs. 1 WEG). Dies umfasst beispielsweise Entscheidungen über Reparaturen oder kleinere bauliche Maßnahmen, die im Rahmen des Budgets liegen. Allerdings bleiben größere Investitionen und grundlegende bauliche Veränderungen weiterhin zustimmungspflichtig durch die Eigentümerversammlung.
- Verwaltervollmacht: Die Verwaltervollmacht wurde deutlich gestärkt. Dies bedeutet, dass Verwalter in ihrem Handlungsrahmen eigenverantwortlich tätig werden können, ohne für jede Entscheidung die Zustimmung der Eigentümerversammlung einholen zu müssen. Dies führt zu einer schnelleren Umsetzung von Verwaltungsaufgaben. Allerdings verpflichtet die Reform die Verwalter, ihre Entscheidungen transparent zu machen und darüber Bericht zu erstatten (§ 27 Abs. 3 WEG). Ein Beispiel dafür ist die Beauftragung von Handwerkern für kleinere Reparaturen, ohne die Eigentümerversammlung einzubeziehen, solange diese im Rahmen des beschlossenen Budgets liegen.
- Zertifizierungspflicht: Mit der Reform wurde die Möglichkeit eingeführt, Verwalter durch einen Sachkundenachweis zertifizieren zu lassen (§ 26a WEG). Die Zertifizierung soll sicherstellen, dass Verwalter über fundiertes Wissen in den Bereichen Recht, Technik und Wirtschaft verfügen. Themen wie bauliche Instandhaltung, rechtliche Rahmenbedingungen und finanzielle Verwaltungskompetenz stehen im Fokus. Die Zertifizierung erfolgt durch eine Prüfung bei einer Industrie- und Handelskammer (IHK) und bietet Wohnungseigentümern die Sicherheit, dass der Verwalter professionell und kompetent arbeitet. Dies ist insbesondere bei komplexeren Gemeinschaften mit vielen Wohneinheiten ein wichtiges Kriterium.
Rechtsprechung und Konflikte
- Jahresabrechnung: Die Eigentümerversammlung beschließt seit der Reform nur noch über die Abrechnungsspitzen. Ein Gesamtbeschluss über die Abrechnung ist nicht mehr zulässig, bleibt jedoch bei formellen Fehlern gültig (BGH, Urteil vom 19. Juli 2024 – V ZR 102/23).
- Beschlussanfechtungen: Klagen sind jetzt gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten, nicht mehr gegen einzelne Eigentümer (§ 9a Abs. 6 WEG). Das erleichtert die Klageführung und sorgt für klarere Strukturen (BGH, Urteil vom 11. Juni 2021 – V ZR 234/20).
- Barrierefreiheit und bauliche Veränderungen: Der BGH entschied zugunsten der erleichterten Umsetzung von barrierefreien Maßnahmen, sofern diese keine unbillige Benachteiligung anderer Eigentümer darstellen (BGH, Urteil vom 22. März 2024 – V ZR 81/23).
Expertentipp der Mülheimer Immobilienverwaltung (MIV)
Als erfahrene Haus- und WEG-Verwaltung unterstützen wir bei der Mülheimer Immobilienverwaltung (MIV) unsere Kunden umfassend bei der Umsetzung der neuen Regelungen der WEG-Reform 2020. Unser Tipp: Nutzen Sie die erweiterten Möglichkeiten für bauliche Veränderungen und Digitalisierung aktiv, um Ihre Wohnanlage zukunftssicher zu gestalten. Besonders wichtig: Verwalter sollten sich zertifizieren lassen, um ihre Qualifikation nachzuweisen und das Vertrauen der Eigentümergemeinschaft zu stärken. Wir beraten Sie gerne zu allen rechtlichen und praktischen Fragen rund um die Reform.
Fazit zur WEG Reform 2020
Die WEG-Reform 2020 hat das Wohnungseigentumsrecht grundlegend modernisiert und praxisnäher gestaltet. Eigentümer profitieren von einfacheren Mehrheitsbeschlüssen für bauliche Veränderungen, etwa bei Ladestationen oder barrierefreien Zugängen. Verwalter können durch erweiterte Befugnisse effizienter handeln, wobei ihre Verantwortung und Transparenzpflichten klar geregelt sind. Die Einführung digitaler Abstimmungen sowie die Möglichkeit der Verwalterzertifizierung stärken die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten und schaffen eine zukunftsorientierte Grundlage für Wohnungseigentümergemeinschaften.