Können Wohnungseigentümer gegen Mieter anderer Eigentümer vorgehen?
In Wohnungseigentümergemeinschaften (WEGs) leben Eigentümer oft eng zusammen. Konflikte zwischen Eigentümern und den Mietern anderer Eigentümer sind dabei keine Seltenheit. Ob Lärm, zweckwidrige Nutzung oder bauliche Veränderungen durch Mieter – diese Situationen werfen komplexe rechtliche Fragen auf. Können Wohnungseigentümer gegen solche Mieter vorgehen, und wenn ja, wie? Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen und gibt praktische Hinweise, was Eigentümer tun können.
Rechtlicher Rahmen für Maßnahmen gegen Mieter
Grundsätzlich gilt, dass sich Maßnahmen gegen Mieter anderer Eigentümer an der Rechtsstellung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) orientieren müssen. Laut dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ist die WEG als Gemeinschaft Trägerin von Ansprüchen gegenüber Dritten, also auch gegenüber den Mietern von Eigentümern. Einzeln können Wohnungseigentümer Unterlassungsansprüche nur begrenzt geltend machen. Das BGH-Urteil vom 25. Oktober 2019 (V ZR 271/18) verdeutlicht, dass eine zweckwidrige Nutzung, wie das Betreiben einer Eisdiele in einem als „Laden“ deklarierten Bereich, Ansprüche begründen kann – allerdings häufig nur durch die Gemeinschaft selbst und nicht durch einzelne Eigentümer.
Das BGH-Urteil vom 28. Januar 2022 (V ZR 86/21) hat den Einfluss des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) hervorgehoben, nach dem Unterlassungsansprüche in erster Linie der Gemeinschaft obliegen. Dies begrenzt die individuelle Durchsetzbarkeit durch einzelne Eigentümer.
Befugnisse und Grenzen der Wohnungseigentümergemeinschaft
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat weitreichende Befugnisse, um die Einhaltung von Hausordnungen und Gemeinschaftsregeln sicherzustellen. Dies schließt auch Maßnahmen gegen Mieter ein, sofern Verstöße gegen die Regeln der WEG oder des Sondereigentums vorliegen. Das BGH-Urteil vom 16. Juli 2021 (V ZR 284/19) betonte, dass die Gemeinschaft die alleinige Prozessführungsbefugnis für Unterlassungsansprüche hat. Individuelle Ansprüche von Eigentümern gegen Mieter bestehen nur in Ausnahmefällen, etwa wenn das individuelle Eigentum direkt beeinträchtigt wird.
Die Durchsetzung solcher Ansprüche erfordert zumeist einen WEG-Beschluss und gegebenenfalls rechtliche Schritte, die durch den Verwalter initiiert werden müssen. Die Rolle des Verwalters und die Zustimmungspflichten innerhalb der Gemeinschaft sind zentrale Aspekte.
Praktische Aspekte: Wie können Eigentümer vorgehen?
Sollten Mieter anderer Eigentümer gegen Gemeinschaftsregeln oder rechtliche Vorgaben verstoßen, ist der erste Schritt eine Kommunikation mit dem betroffenen Eigentümer als Vermieter. Der Vermieter trägt die Verantwortung für das Verhalten seines Mieters gegenüber der Gemeinschaft. Falls dieser keine Maßnahmen ergreift, kann die Gemeinschaft in Form von Beschlüssen eingreifen.
Rechtsmittel wie Abmahnungen oder Unterlassungsklagen können nach Zustimmung der Gemeinschaft eingeleitet werden. Die Durchsetzung solcher Maßnahmen muss allerdings verhältnismäßig sein, um rechtlich Bestand zu haben, wie das BGH-Urteil vom 11. November 2011 (V ZR 251/10) bestätigt.
Relevanz technischer und wirtschaftlicher Aspekte
Technische Gegebenheiten, wie Lärmschutz oder bauliche Veränderungen, können Konflikte beeinflussen. Beispielsweise kann eine mangelnde Schalldämmung baulicher Natur zur Ursache von Streitigkeiten werden. Hier greifen technische Vorschriften und Standards, die bei Maßnahmen zu berücksichtigen sind. Wirtschaftliche Erwägungen, etwa die Kosten einer baulichen Veränderung, müssen durch die Gemeinschaft abgewogen werden.
Fazit
Wohnungseigentümer können, unter bestimmten Voraussetzungen, gegen die Mieter anderer Eigentümer vorgehen. Die Durchsetzung solcher Ansprüche erfordert jedoch die Abstimmung und Beschlussfassung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft. Rechtliche Mittel stehen zur Verfügung, allerdings in klar abgegrenzten Rahmen, wie zahlreiche BGH-Urteile verdeutlichen. Ein strategisches Vorgehen, getragen von rechtlichem und technischem Sachverstand, ist dabei essenziell.